Sir Michael Caine steht weiterhin vor der Kamera. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Ian Langsdon/EPA/dpa)

Dass er ein Kind der Arbeiterklasse ist, hat Michael Caine nie vergessen. Im Gegenteil, der zweifache Oscar-Gewinner ist stolz darauf und betont es oft. Denn seine Herkunft war für den gebürtigen Londoner auch immer eine Motivation, es allen zu zeigen, die nicht an ihn glaubten. Heute gilt Michael Caine als einer der erfolgreichsten Schauspieler seiner Generation. Am 14. März wird er 90 Jahre alt.

Kultfilme wie «Charlie staubt Millionen ab» (besser bekannt unter dem Originaltitel «The Italian Job») und «Jack rechnet ab» («Get Carter») oder das Kriegsepos «Zulu» machten Michael Caine in den 1960er und 1970er Jahren zum Weltstar. Im hohen Alter glänzt der Brite, der für auffällige Brillen bekannt ist, unter anderem in den Filmen von Erfolgsregisseur Christopher Nolan, so in «Inception», der «Dark Knight»-Trilogie oder einem kurzen, aber starken Auftritt in «Tenet».

Caine überzeugt als cooler Verführer genauso wie als knallharter Gangster. Er beherrscht die großen Emotionen und rührt das Publikum zu Tränen. Ob Blockbuster, Komödien, Psychothriller oder Autorenfilme mit kleinem Budget – der gebürtige Londoner kann einfach alles.

Gangster und überall Mist

Dabei schien eine Karriere im Filmgeschäft anfangs ausgeschlossen für den Mann, der 1933 als Maurice Joseph Micklewhite im rauen Südosten Londons, im Bezirk Rotherhithe geboren wurde. Sein heftiger Londoner Cockney-Dialekt galt als Hindernis. Schauspieler hätten nur «posh», also vornehm gesprochen, erinnerte sich Caine 2009 bei einem Talk der «New York Times». «Alle Theaterstücke und Filme drehten sich um die Mittelklasse oder die Oberklasse. Und ich kam aus einer Ecke, wo man von Gangstern totgeschlagen wurde und überall Mist rumlag.»

Doch von solchen Hürden ließ sich Caine nicht abschrecken. Nach dem Wehrdienst, bei dem er im Koreakrieg zum Einsatz kam, übernahm er erstmal verschiedene Jobs am Theater. 1955 heiratete er seine Kollegin Patricia Haines. Der Karrierestart war schwierig und das Geld knapp. Ein Jahr später kam Töchterchen Dominique zur Welt. Im selben Jahr ergatterte Caine seine erste Filmrolle in dem Kriegsfilm «An vorderster Front». Doch es wurde ein Kassenflop.

Um seine junge Familie zu ernähren, schlug er sich mit allen möglichen Jobs durch. So arbeitete er auch in einem Stahlwerk. Die Ehe mit Patricia hielt nur sieben Jahre. Hingegen ging es mit der Karriere bald steil bergauf. Mit dem Kriegsdrama «Zulu», dem Spionagethriller «Ipcress – Streng geheim» und schließlich «Alfie» (deutscher Kinotitel «Der Verführer lässt schön grüßen») etablierte sich Caine ab Mitte der 60er Jahre endlich als gefragter Filmstar.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

«Ich weiß, dass mein Leben mit mehr als genug Glück und gutem Timing gesegnet war», schrieb er in seinem Anekdoten-Buch «Blowing The Bloody Doors Off». In den 1960er Jahren sei er zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. «Tausende Schauspieler da draußen waren so gut wie ich oder besser, aber sie haben ihre Chance nicht bekommen.»

1971 fiel ihm in einer TV-Werbung für Kaffee das guyanisch-britische Model Shakira Baksh auf. Caine setzte alles daran, die junge Frau ausfindig zu machen und kennenzulernen. Glück für ihn: Shakira wohnte nur ein paar Kilometer entfernt von ihm in London. 1973 traten die beiden vor den Traualtar und sind bis heute verheiratet. Aus der Ehe ging seine zweite Tochter Natasha hervor.

Ganz der Arbeiter, war sich Michael Caine nie zu schade für weniger anspruchsvolle Parts, wenn es mal an reizvollen Rollenangeboten mangelte. In manchem Flop wirkte er mit. «Der weiße Hai 4 – Die Abrechnung» von 1987 war so einer. «Einer der schlechtesten Filme, die ich gedreht habe», räumte Caine in einem TV-Interview unverblümt ein und machte kein Geheimnis daraus, warum er darin mitgewirkt hatte: «Ich habe eine Million Dollar für zwei Wochen Arbeit bekommen.»

Die vernichtenden Kritiken für die missglückte Fortsetzung des Spielberg-Hits ließen ihn kalt. «Den Film habe ich nicht gesehen», sagte er süffisant. «Aber ich habe das Haus gesehen, was ich meiner Mutter von dem Geld gekauft habe. Und das ist fabelhaft.» Zumal es das erste eigene Haus für seine Mutter war. «Ein unglaublicher Moment», schwärmte Caine, der in Sozialwohnungen groß geworden war.

Seine erste von sechs Oscar-Nominierungen in seiner Karriere erhielt er 1967 für «Alfie». Es dauerte eine Weile, bis er den begehrten Filmpreis auch bekam. Zweimal gewann er den Oscar als bester Nebendarsteller, für «Hannah und ihre Schwestern» (1986) und «Gottes Werk und Teufels Beitrag» (1999). Während seiner Dankesrede für letzteren kämpfte Caine sichtbar mit seinen Emotionen. «Er sei kein Gewinner», sagte er bescheiden in Richtung der anderen Nominierten. «Ich stehe eigentlich nur hier oben, um euch zu repräsentierten.»

Absolute Kultfigur

In seiner Heimat ist der Brite, der sich seit dem Ritterschlag durch die Queen Sir Michael nennen darf, eine absolute Kultfigur. Die Band Madness widmete ihm einen eigenen Song («Michael Caine»). Caines markante Stimme und Sprechweise werden oft imitiert. «Jeder macht das», sagte er vor Jahren in der BBC-Talkshow «Parkinson» und präsentierte scherzhaft seine eigene Caine-Imitation. «Ich klinge wie ein verdammter Idiot», so Caine, der sich amüsierte, dass seine Stimme für klingende Grußkarten und sogar für Navigationssysteme nachgeahmt wurde. «Passt lieber auf, wo ihr hinfahrt!»

In acht Jahrzehnten wirkte der profilierte Charakterdarsteller in mehr als hundert Filmen mit. Und es kommen weitere dazu. Zuletzt drehte er «The Great Escaper». Darin spielt er einen Kriegsveteranen, der aus seinem Altenheim verschwindet, um sich auf den Weg zu den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des D-Days in Frankreich zu machen. Michael Caines nächstes Filmprojekt steht auch schon fest. Für den dritten Teil des Zaubererkrimis «Die Unfassbaren», in dem er den Bösewicht spielt, steht er mit 90 wieder vor der Kamera.

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