Roger Moore bei den Dreharbeiten zum Film "James Bond 007 - Leben und sterben lassen". (Urheber/Quelle/Verbreiter: AP/dpa)

Kurz bevor Roger Moore vor rund 50 Jahren zum ersten Mal die Rolle seines Lebens spielen sollte, kamen ihm Zweifel. Zu groß waren die Fußstapfen, die Sean Connery als 007 hinterlassen hatte. «Beim Lesen des Drehbuchs habe ich immer nur die Stimme von Sean gehört, wie sie „Bond, James Bond“ sagt», schrieb Moore in seinem Buch «The 007 Diaries». Als der Engländer die berühmten Worte in Vorbereitung auf den Dreh probeweise sprach, habe er sogar den schottischen Akzent seines Vorgängers übernommen, gestand Moore.

Regisseur Guy Hamilton («Goldfinger») habe ihn jedoch beruhigt. «Sean war Sean, und du bist du», soll Hamilton zu seinem Star gesagt haben. Moore nahm es sich zu Herzen und machte sich die Rolle zu eigen. Sein 007-Debüt «Leben und sterben lassen» («Live And Let Die») kam am 27. Juni 1973 in den USA und kurz darauf weltweit in die Kinos.

Ein entspannter, ironischer Bond

Die James-Bond-Filme waren die Kassenschlager der 1960er Jahre. Für viele Zuschauer waren der Agent 007 und Darsteller Connery damals untrennbar miteinander verbunden. George Lazenby hatte in «Im Geheimdienst Ihrer Majestät» (1969) eine starke Vorstellung gezeigt, bekam aber erst Jahre später die verdiente Anerkennung. Connery ließ sich zu einem Comeback in «Diamantenfieber» (1971) überreden. Danach standen die Produzenten Albert R. «Cubby» Broccoli und Harry Saltzman wieder vor der Herausforderung, einen neuen Darsteller zu finden.

Die Wahl fiel auf Roger Moore, den Broccoli und Saltzman schon früher in Betracht gezogen hatten. Durch seine Rolle als Gentleman-Dieb in der TV-Serie «Simon Templar» («The Saint») hatte er Werbung für sich gemacht. Auch als smarter Lord Sinclair in der Kultserie «Die Zwei» hatte sich Moore empfohlen. Die Dreharbeiten für «Leben und sterben lassen» begannen einen Tag vor seinem 45. Geburtstag. Gefilmt wurde unter anderem in New York City, New Orleans und auf Jamaika.

Während sich Lazenby noch an Connery orientiert hatte (in der deutschen Fassung gab man ihm sogar dieselbe Synchronstimme), brachte Moore einen neuen Agenten-Typus auf die Leinwand. Sein Bond wirkte nicht wie ein harter Killer. Er war entspannter, eleganter und ironischer. Die hochgezogene Augenbraue, selbst in Momenten höchster Gefahr, wurde zu einem von Moores Markenzeichen. Mit ihm setzten die Filme auf trockenen Humor und mitunter auch auf alberne Gags.

Die Handlung von «Leben und sterben lassen» dreht sich um Dr. Kananga (Yaphet Kotto), der auf der fiktiven Insel San Monique regiert und mit Voodoo-Mythen die Bevölkerung einschüchtert. Kananga hat eine zweite Identität als New Yorker Drogenbaron Mr. Big. Mit Heroin will er sich in den USA ein Imperium aufbauen. Bond wird involviert, nachdem drei britische Agenten getötet wurden. Er lässt sich mit Kanangas Gespielin Solitaire (Jane Seymour) ein.

Anleihen am Blaxploitation-Genre

Höhepunkt ist eine Szene, in der 007 von einer kleinen Insel im Sumpf entkommt, indem er über hungrige Krokodile läuft. Heute undenkbar: Ein Stuntman hüpfte tatsächlich von Krokodil zu Krokodil. Die Tiere waren dafür mit Gewichten im Wasser fixiert worden. Im Film ist zu sehen, wie ein Krokodil die Hose des Stuntmans erwischt.

Um ein breiteres Publikum anzusprechen, ließen die Macher Elemente des damals populären Blaxploitation-Genres einfließen. Als Blaxploitation-Filme werden Produktionen der frühen 1970er Jahre bezeichnet, die schwarze Protagonisten in den Vordergrund rücken. Der Begriff ist eine Zusammensetzung aus dem Wort «black» und den als «exploitation films» bekannten Low-Budget-Produktionen, die oft ein hohes Maß an Sex und Gewalt zeigen.

Gloria Hendry mochte die Klischees gar nicht

Wie in Ian Flemings gleichnamigem Roman sind im Film viele Charaktere schwarz. Neben Bösewicht Kananga – der anders als im Buch nicht für den russischen Geheimdienst KGB arbeitet, sondern eigene Interessen verfolgt – sind das seine Gefolgsleute, CIA-Agent Strutter (Lon Satton) und die Doppelagentin Rosie Carver (Gloria Hendry). Hendry war damals erstaunt, dass sie engagiert wurde. «Ich bin nicht groß, habe keinen großen Busen, ich bin nicht blond und blauäugig», sagt sie im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur. «Was wollen die von mir?»

Schauspielerin Gloria Hendry spielte die Doppelagentin Rosie Carver an der Seite von Roger Moore.

Dass Rosie als CIA-Agentin unkompetent und tollpatschig agierte, störte sie. «Ich habe gesagt: „Was soll ich mit dem Mist?“ Ich habe echt mit mir gekämpft», so Hendry. «Ich habe versucht, der Figur etwas Stärke zu geben, aber sie war so ein Dummchen.» Tatsächlich muss sich der Film den Vorwurf gefallen lassen, dass viele afro-amerikanische und afro-karibische Figuren klischeehaft sind. Und dass letztlich keiner dieser Charaktere dem weißen Helden Bond gewachsen ist.

Trotzdem gilt «Leben und sterben lassen» in Sachen Repräsentation als Meilenstein. Die Liebesszene zwischen Bond und Rosie Carver ist nicht nur die erste, in der 007 eine schwarze Frau küsst, sie zählt auch generell zu den ersten Liebesszenen des westlichen Kinos zwischen Menschen verschiedener Hautfarben. Und Yaphet Kotto spielt als Kananga einen der glaubwürdigsten Schurken der langen 007-Reihe.

Die Hautfarbe war am Set kein Thema

Über die Dreharbeiten vor 50 Jahren äußert sich Hendry positiv. Anders als bei US-Produktionen, bei denen sie zuvor Rassismus erlebt hatte, sei ihre Hautfarbe am James-Bond-Set kein Thema gewesen. «Sie haben uns alle sehr gut behandelt», erinnert sich die 74-Jährige. «Ich hatte überhaupt keine Zeit über meine Hautfarbe nachzudenken.»

Von Roger Moore, der 2017 starb, schwärmt Gloria Hendry. Mit ihm zu arbeiten sei «wunderbar» gewesen. Solitaire-Darstellerin Jane Seymour (72) äußert sich ähnlich. «Roger hätte nicht netter sein können», sagt Seymour im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur.

Das Publikum konnte der dritte James-Bond-Darsteller ebenfalls für sich gewinnen. «Leben und sterben lassen», dessen krachender Titelsong von Paul McCartney sogar für einen Oscar nominiert war, wurde ein Kassenerfolg. Und es war der Auftakt zu einer erfolgreichen neuen Ära für 007 – und für Roger Moore. Bis 1985 spielte er den berühmten Geheimagenten mit der Lizenz zum Töten in sieben Filmen.

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