Laszlo von Vertes, ein nachdenklicher Mann in einem königsblauen Anzug, hat an seiner Wand zwölf Millionen Euro hängen. Rechts ein Bild von Claude Monet (6,5 Millionen Euro) – links eines von Gerhard Richter (5,5 Millionen Euro). Die Art Cologne, auf der von Vertes beides präsentiert, proklamiert das Ensemble als «die teuersten Gemälde» der Kunstmesse «auf einer Wand». Aber über Geld will Laszlo von Vertes gar nicht so gern reden. Es gehe doch nicht um «teuer», sagt der Kunsthändler, während Besucher über samtweichen Teppich an seinem Stand vorbeischlendern. Es gehe um «bedeutend». «Das finde ich schade, dass so etwas mit Geld bewertet wird.»
Es ist der Sound, der auf der größten deutschen Kunstmesse nicht unüblich ist, der außerhalb der Messehallen aber auch seltsam wirken kann. Es ist immerhin: eine Messe. Ein Ort für Geschäfte. Aber welche Summen im Umlauf sind, das behandelt man gerne auch mal diskret. Auch in einer Zeit, in der das restliche Land über kaum etwas mehr diskutiert, als über Preise. Oder vielleicht genau deshalb.
Die Art Cologne, die am Mittwoch begonnen hat, ist die älteste Kunstmesse der Welt, 1967 als «Kunstmarkt Köln» gegründet. In diesem Jahr, bei der 55. Ausgabe, gibt es gleich mehrere Themen, die ihr eine besondere Würze verleihen. Eines ist eine Art ökonomischer Lackmustest. Kommen die wirtschaftlichen Turbulenzen, die Inflation, die steigenden Preise auch in der betuchten Kunstsammler-Szene an? Sitzt das Geld dort jetzt nicht mehr so locker?
Stabile Champagner-Preise
Was man beim Gang durch die Hallen schon mal sagen kann: Eine Flasche Champagner kostet am Stand weiterhin 95 Euro – wie im vergangenen Jahr. Stabilität. Für die tieferen Einblicke braucht man allerdings Experten. Laszlo von Vertes fällt bei der Frage aus genannten Gründen aus. Kristian Jarmuschek, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler, wiederum sagt, man müsse wohl zunächst die Art Cologne abwarten, bevor man die Stimmung einschätzen könne.
Wer sich nach vorne wagt, ist der Direktor der Art Cologne, Daniel Hug. «Wenn wir an die großen Auktionen der letzten Zeit denken, wird sehr deutlich, dass der Kunstmarkt eine eigene Preis- und Kaufdynamik hat. Das zeigten auch die letzten Kunstmessen in Paris und London», sagt er. Dort sei «gut verkauft» worden. Seine Einschätzung daher: «Im Moment ist von einer Kaufzurückhaltung nichts zu sehen.» Vielleicht gebe es eher eine Tendenz, nicht mehr «ganz so spontan», sondern eher «überlegt» Kunst zu kaufen.
Ein Ölgemälde von Max Ernst (1,4 Millionen Euro), ein Konzertflügel von Joseph Beuys (5,2 Millionen Euro), ein Bild von Roy Lichtenstein (1,6 Millionen Euro) – all das kann daher auf neue Besitzer hoffen. Ebenso ein Bild, das in Halle 11.2. hängt. Andy Warhol hat darauf Ex-Bundeskanzler Willy Brandt porträtiert. Zwei Millionen Euro.
Gegen die Depression
Markus Peichl von der Galerie Crone, die es ausstellt, hat allerdings ebenfalls eine über das Monetäre hinausreichende Antwort auf die Frage, warum es dort hängt. «Die handelnden Personen in der Politik versprühen eine solche Depression und Abwärtstendenz, dass ich mir gedacht habe: Jetzt ist es an der Zeit, auf der Kölner Messe ein Bild zu zeigen, das sowohl für eine andere Zeit als auch für einen anderen Politiker steht», sagt er. «Das ist sozusagen mein Gegenprogramm gegen die Depression in der Politik und in der Welt.»
Greifbarer als die Geld-Frage ist bei der Art Cologne tatsächlich eine andere Krise: Die des Klimas. Klimaaktivistinnen und -aktivisten haben zuletzt mit Aktionen Aufsehen erregt. Unter anderem wurde in London Tomatensuppe in Richtung des Werks «Sonnenblumen» von Vincent van Gogh geworfen. Das Werk war durch eine Glasscheibe geschützt. Erst am Dienstag wurde das – ebenfalls mit Glas geschützte – Gemälde «Tod und Leben» von Gustav Klimt in Wien mit Öl angeschüttet. Einer der Aktivisten klebte sich mit der Hand an das Schutzglas.
Sorgen mache er sich deswegen nicht, sagt Messe-Direktor Hug. Er glaube, dass Klimaaktivisten gezielt agierten. «Die gehen in Museen.» Der Sicherheitsdienst sei gleichwohl «sehr sensibilisiert». «Neben der auf der Art Cologne üblichen Taschenkontrolle setzen wir auch Scanner ein.» Mitgebrachte Lebensmittel seien nicht erlaubt.
Auch darüber hat sich Laszlo von Vertes, der Mann mit dem Richter und dem Monet, Gedanken gemacht. Er sagt: «Ich habe Angst.» Dann weist er aber auf eine Skulptur von Henry Moore, die vor den Bildern steht.
«Wenn jetzt einer kommt und sagt: Okay, ich klebe mich an den Sockel vom Moore fest. Dann sag‘ ich: Okay, mach das. Ist ja in Ordnung», sagt von Vertes. «Aber schone bitte den Rahmen von dem Monet.»