Dirigent Christian Thielemann und die Wiener Philharmoniker beim Neujahrskonzert 2019. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Herbert Neubauer/APA/dpa)

Er wurde schon als Nachfolger gehandelt, als der Vorgänger noch im Amt war: Christian Thielemann wird Generalmusikdirektor an der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Der 64-Jährige folgt auf Daniel Barenboim, der den Posten zu Beginn des Jahres krankheitsbedingt abgeben musste. Thielemann wird das Amt zur Saison 2024/2025 übernehmen, wie Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) am Mittwoch ankündigte.

Allerdings beginnt Thielemann seinen auf fünf Jahre geschlossenen Vertrag mit einem bereits prall gefüllten Terminkalender. Er verwies mehrfach darauf, seine Verträge erfüllen zu wollen. Für die erste Saison etwa ist deswegen nur eine Opernpremiere vorgesehen. Erst 2025/26 ist die nach Thielemanns Worten angestrebte enge Zusammenarbeit mit dem Orchester möglich. Ziel sind dann etwa 20 Opernabende. Auch das sinfonische Programm soll weiterentwickelt werden. «Das Orchester soll alles spielen – vom Weihnachtsoratorium bis zum Happening», sagte der künftige Generalmusikdirektor.

Damit bleibt eine der drei großen Opern Berlins zunächst weiter ohne künstlerische Spitze. Somit werde die Eigenverantwortlichkeit des Hauses gebraucht, sagte der zum Ende dieser Saison ausscheidende Intendant Matthias Schulz, der nach Zürich geht. 2024 übernimmt Elisabeth Sobotka die Intendanz. Die 57-Jährige, bisher Chefin der Bregenzer Festspiele, war von 2002 bis 2007 bereits Operndirektorin.

Mit Ovationen gefeiert

Sobotka bezeichnete Thielemann als «logische Nachfolge» von Barenboim. Die beiden kennen sich seit Jahrzehnten, Thielemann war einst Assistent von Barenboim. «Ich stand über dreißig Jahre an der Spitze dieser so besonderen musikalischen Institutionen und bin mir sicher, dass sie unter der Leitung Christian Thielemanns ihre Ausnahmestellung im Berliner und internationalen Musikleben weiter halten und ausbauen werden», sagte Barenboim in einem von Chialo verlesenen Statement zur Arbeit mit Staatsoper und Staatskapelle.

Zuletzt war der in Potsdam lebende Thielemann zwei Mal am Dirigentenpult eingesprungen, als Barenboim den eigens zu seinem 80. Geburtstag neu inszenierten Wagner-Zyklus «Der Ring des Nibelungen» an der Staatsoper gesundheitsbedingt nicht leiten konnte. Vom Publikum wurde Thielemann für sein Dirigat mit Ovationen gefeiert, auch das Orchester war sichtlich angetan. Den Beginn seiner ersten Probe mit der Staatskapelle bezeichnete Thielemann nun als «magischen Moment».

Der unter anderem als Spezialist für Wagner und die Spätromantiker geltende gebürtige Berliner hat noch einen bis 2024 laufenden Vertrag mit der Staatskapelle Dresden. Zuvor war der international gefeierte Dirigent bereits künstlerischer Leiter der Osterfestspiele in Salzburg und Musikdirektor der Bayreuther Festspiele. Zudem war Thielemann bereits unter anderem Generalmusikdirektor der Deutschen Oper Berlin und der Münchner Philharmoniker. Er dirigierte auch etwa die Wiener und die Berliner Philharmoniker.

Immer wieder Kritik am Führungsstil

Doch die Entscheidung für Thielemann wird auch als Risiko gesehen. Thielemann gilt mitunter als schwierig, sein Führungsstil wurde immer wieder kritisiert. Auf Neuerungen etwa in Bayreuth hat er mitunter skeptisch reagiert. Er wolle Tradition nicht gegen das Neue ausspielen, das aus der Tradition erwachse, sagt er nun.

Inzwischen sieht sich Thielemann selbst «nicht mehr im Kampfmodus, sondern in Zusammenarbeitsmodus». Er höre immer gern zu, erst miteinander erwachse eine gemeinsame Leistung. «Ich werde mit zunehmendem Alter immer toleranter und neugieriger.»

Der 80-jährige Barenboim hatte 1992 als Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden auch die Staatskapelle übernommen. Sein Opern-Vertrag sollte ursprünglich bis 2027 laufen. Die musikalische Leitung der Staatsoper gab er gesundheitsbedingt zu Jahresbeginn ab. 2000 wählte ihn die Staatskapelle zum Chefdirigenten auf Lebenszeit – dies gilt inzwischen nur noch als Ehrenamt.

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