Dieser Fund schreibt Geschichte. Die Entdeckung von 24 Bronzestatuen aus der Zeit der Etrusker und Römer in einem Thermalort in Italien begeistert Historiker und Archäologen.
In den vergangenen Wochen hatten Forscher in San Casciano dei Bagni in der Region Toskana die teils fast einen Meter großen Statuen aus dem Schlamm und den heißen Thermalwassern geborgen, wo sie mehr als 2000 Jahre lang gelegen waren. Auch Artefakte wie Münzen oder Votivgaben wurden in dem einstigen Heiligtum gefunden, jahrtausendelang luftdicht bedeckt und damit ideal konserviert.
«Das ist eine Sensation», sagte der Archäologe Dirk Steuernagel der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. «Einen so umfangreichen Komplex von Bronzeskulpturen unterschiedlichen Formats in einem zusammenhängenden Fund gab es meines Wissens bislang noch nie», schilderte der Professor der Universität Regensburg und Experte für die Etrusker, die einst im heutigen nördlichen Mittelitalien lebten.
Sensationelle Funde im Schlamm
Die griechische Göttin der Gesundheit Hygieia mit einer Schlange um den Arm, daneben Apollon, aber auch Feldherren und sogar Kinder: Die Statuen und vor allem deren Zustand begeistern die Experten. «Die Entdeckung wird Geschichte schreiben», sagte der für die Ausgrabungen verantwortliche Archäologe Jacopo Tabolli, als der Fund an diesem Dienstag öffentlich gemacht wurde. Italiens Kulturminister Gennaro Sangiuliano sprach von einem «Schatz» und ließ es sich nicht nehmen, persönlich an dem Ort zwischen Rom und Florenz vorbeizuschauen.
Die Statuen stammen den Angaben zufolge aus der Zeit zwischen dem 2. Jahrhundert vor und dem 1. Jahrhundert nach Christus. Damals waren die Römer gerade dabei, ihr Reich auszudehnen. Die etruskische Kultur ging irgendwann in der römischen auf. Historiker waren bislang schon davon überzeugt, dass dies ein fließender, kontinuierlicher Prozess gewesen war. «Mit diesem Fund wird dies allerdings erstmals spektakulär illustriert», erklärte Steuernagel. «Das etruskische Heiligtum wurde nicht aufgegeben, sondern es traten römische Götter hinzu und auch römische Gebräuche wurden übernommen.»
Am Fundort wird ein Museum errichtet
Neben den Statuen fanden die Archäologen auch noch rund 5000 Münzen in Gold, Silber und Bronze. All das kann nun studiert werden, direkt neben dem Fundort will das Kulturministerium einen Forschungsplatz und ein Museum für die Entdeckung von San Casciano einrichten. «Die Auswertung wird sehr spannend werden», prognostizierte Steuernagel. Neben etruskischen Weih-Inschriften sind auf den Objekten auch lateinische Wörter oder Hinweise auf etruskische Familien.
Aus der Antike sind kaum bronzene Skulpturen übrig geblieben, im Laufe der Jahrhunderte wurden die Metalle meist eingeschmolzen und wiederverwendet. Dieser Fund ist auch deshalb so außergewöhnlich. Massimo Osanna, der ehemalige Museumsleiter in Pompeji und inzwischen Chef der staatlichen Museen Italiens, sprach von «einem der wichtigsten Bronzefunde der Geschichte des Mittelmeerraums».
Osanna erinnerte in dem Zusammenhang an die berühmten Bronzefiguren von Riace, einer der bedeutendsten Entdeckungen der Archäologie. Die zwei Statuen aus dem 5. Jahrhundert vor Christus waren 1972 vor Kalabrien im Meer gefunden worden. Sie gehören zu den wenigen noch erhaltenen, lebensgroßen Bronzestatuen aus der griechischen Antike.