Frank (Felix Klare) und seine Frau Sabina (Patricia Aulitzky) in einer Szene des TV-Missbrauchs-Dramas «Wir haben einen Deal». (Urheber/Quelle/Verbreiter: Gabriele Faber/Rat Pack/ZDF/dpa)

Ein kleiner Junge im Fußballdress läuft durch den Wald. Sein Atem geht schnell. Es scheint fast so, als wäre er auf der Flucht vor etwas. Dann blicken wir in das Gesicht eines erwachsenen Mannes. Gequälter Blick, Angst in den Augen. Er läuft immer noch. Schon im Vorspann bringt eine kurze Überblendung diese Geschichte eines Missbrauchs auf den Punkt: Die in jungen Jahren erlittene, immer wieder verdrängte sexuelle Gewalt verfolgt das Opfer ein Leben lang. Das ergreifende TV-Drama «Wir haben einen Deal» läuft am 23. Oktober um 20.15 Uhr im ZDF.

Wie ein Kartenhaus bricht das wohlgeordnete Leben des IT-Unternehmers Frank Lechner (Felix Klare) zusammen, als er zur Beerdigung seiner Mutter zurück in sein kleines bayerisches Heimatdorf kommt. Der Erfolgsmensch und Familienvater wird von Panikattacken heimgesucht, verhakt sich in üblen Streitereien mit seinem älteren Bruder Christian (Shenja Lacher), greift zu Tabletten und Alkohol und will so schnell wie möglich die Schauplätze der Kindheit wieder verlassen.

Was damals geschah, kommt erst allmählich ans Licht: Im Alter von acht bis zehn Jahren wurde Frank von seinem Fußballtrainer Klaus Wille (Peter Lohmeyer) sexuell missbraucht – aber er hat nie mit irgendeinem Menschen über die Ereignisse gesprochen. Und der Täter von damals ist immer noch in dem kleinen Sportverein aktiv – für Frank eine unvorstellbare Situation. Und auch sein eigener Sohn Tim spielt in den Sommerferien in dem Verein.

Sehr präzise und eindringlich entwickelt dieses TV-Drama unter der Regie von Felicitas Korn («Drei Leben lang») das Psychogramm eines Mannes, der fast trotzig von sich behauptet: «Ich brauche keine Hilfe.» Das sieht seine Ehefrau Sabina (Patricia Aulitzky) ganz anders. Obwohl ihr Mann in Schweigen verharrt, kommt sie den Ereignissen von damals allmählich auf die Spur. Erst als Frank befürchten muss, dass der im Ort hoch angesehene Trainer sich erneut an einem Jungen vergreift, beginnt er über Traumata zu sprechen.

Das Drehbuch von Marie-Helene Schwedler fokussiert sich auf den überzeugenden Hauptdarsteller Felix Klare, den die meisten als Ermittler Sebastian Bootz im Stuttgarter «Tatort» kennen dürften. Aber neben der Krimi-Routine konnte der 1978 in Heidelberg geborene Schauspieler auch schon mit brisanten TV-Filmen wie «Unschuldig» oder dem Scheidungsdrama «Weil du mir gehörst» überzeugen.

Das immer wieder verdrängte Thema Missbrauch im Sport liegt Felix Klare besonders am Herzen: «Ich würde mir wünschen, dass dieser Film Menschen bewegt. Dass er Bewegung in das Thema an sich bringt, dass er die Betroffenen ermutigt, aus ihrer fremdverursachten Starre auszubrechen und er somit denen eine Stimme gibt, die, wie leider so oft, die Hauptleidtragenden sind – die Kinder», so Klare zum ZDF.

Dem Spielfilm «Wir haben einen Deal» gelingt es, die schreckliche seelische Not eines Opfers sexueller Gewalt begreifbar zu machen. Dabei bekommt die Geschichte jenseits des brisanten Themas eine Spannung und Eigendynamik und zeigt uns einen Menschen, der am Leid nicht zerbricht, weil er Hilfe bekommt, sich mit anderen Betroffenen austauschen kann. Endlich sind die Jahre des Schweigens überwunden.

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