Nicolas Cage spielt in «Dream Scenario» einen Familienvater, der über Nacht berühmt wird. (Urheber/Quelle/Verbreiter: ---/DCM Film/dpa)

Der runde Geburtstag liegt noch gar nicht so lange zurück: Anfang Januar wurde das Schauspiel-Chamäleon Nicolas Cage 60. Über 100 Film-Auftritte weiß der Mime, der zu einer Art Hollywood-Familie gehört, in seinem Portfolio. Nun zeigt uns der Norweger Kristoffer Borgli den exzentrischen Workaholic Cage als verschrobenen Uni-Lehrer, der plötzlich in den Träumen seiner Mitmenschen auftaucht.

Bei Kinofans ist Cage vor allem bekannt für denkwürdige Auftritte in Filmen wie «Leaving Las Vegas» (1995), «Mondsüchtig» (1987), «Bad Lieutenant» (Regie: Werner Herzog) oder «Im Körper des Feindes» (John Woo). Sein Vater war der Bruder des legendären Francis Ford Coppola («Der Pate»), Regisseurin Sofia Coppola («Lost in Translation») ist Cages Cousine.

Schauspiel-Chamäleon Cage

Cages Schauspielkunst lässt sich nur schwer in eine Schublade einordnen. Der Hollywood-Star nimmt sich immer wieder die Freiheit zu gänzlich schrägen Figuren: In «Pig» (2021) zum Beispiel spielt er einen Eremiten, der mit einem Trüffel-Schwein lebt. 

In «Dream Scenario» (Kinostart: 21. März) schlüpft Cage in die Rolle eines Evolutionsbiologen. Seit Jahren unterrichtet Paul Matthews an einem US-College und führt ein nicht schlechtes, aber doch recht biederes, abwechslungsarmes Leben. Mit der eigenen Tochter geht’s los: Immer wieder träumt diese von ihrem Dad, der sich in diesen Träumen als stets passiver Zuseher präsentiert: Egal, was passiert, Paul steht nur reglos daneben. Bald wundert er sich selbst: «Warum stehe ich immer nur rum?» 

Bio-Professor wird zum Medienstar

Und dann taucht Paul in den Träumen wildfremder Menschen auf, die ihn sogar auf der Straße fragen, ob man sich nicht irgendwoher kenne. Nicht nur eine vormalige Freundin Pauls berichtet von seltsamen Traumbegegnungen, auch in den Träumen seiner Studenten spielt er nun regelmäßig eine Rolle. Paul wird zur Medien-Berühmtheit. Und schließlich in seinen Träumen von sich Selbst heimgesucht: einer düsteren Version seiner Selbst, die etwa mit einer Armbrust auf ihn Jagd macht.

«Dream Scenario», eine gekonnt zwischen realen und geträumten Szenen changierende Komödie, erinnert mal an Mediensatiren wie «Die Truman Show», mal aber auch an famose TV-Produktionen wie «Breaking Bad». Während in «Breaking Bad» ein Chemie-Lehrer zum Drogenboss mutiert, avanciert hier ein biederer Bio-Professor zum Medienstar. Paul lässt sich diese Metamorphose zunächst gefallen – sogar seine Teenie-Töchter finden ihn plötzlich (fast) cool.  

Doch allmählich schwant dem zunehmend überforderten Hochschullehrer immer mehr, auf welchem Trip er sich befindet: Nicht nur, dass Paul an jeder Ecke erkannt wird, in keinem Restaurant mehr seine Ruhe hat – sukzessive häufen sich nun auch die Berichte davon, dass Paul in den Träumen seiner Mitmenschen immer grausamere Dinge tut: Einem seiner Studenten schlägt er den Schädel ein.

Mediensatire oder Horrorstück?

Was Paul nun widerfährt, wird nicht nur in den USA, sondern auch in Europa gern unter dem umstrittenen Begriff «Cancel Culture» diskutiert: Paul wird gemieden, ja öffentlich geächtet, nicht mal mehr zum Theaterabend seiner Tochter darf er. Dabei kann er doch, stellt er einmal verzweifelt fest, nun wirklich nichts dafür, dass alle Welt von ihm träumt: «Das sind doch deren Träume!». Eine klare Haltung zum Thema «Cancel Culture» (in Deutschland teils mit «Verbotskultur» umschrieben), findet Regisseur Borgli nicht. «Dream Scenario» ist kein politischer Film. Dafür ist das Geschehen auch viel zu skurril. Hauptdarsteller Cage hat sich in Interviews dahingehend geäußert, dass er das Drehbuch zum Film eher als eine Analyse des Umgangs mit Ruhm gelesen habe.    

Egal aber, ob man diesen Film nun als Mediensatire liest, als skurriles Horrorstück (mit einigen unheimlichen Szenen), als surreale Komödie mit ernstem Unterton, als Groteske oder gar als warnender Blick in die Zukunft: «Dream Scenario» regt zum Nachdenken, zum Mitfühlen und zum Staunen an.

Eindrückliche Performance von Cage

Zum Staunen aber vor allem über einen Nicolas Cage, der einfach immer wieder für Überraschungen gut ist. Sein Spiel ist von großer Ehrlich-, von anrührender Menschlichkeit. Cage treibt einem mal die Lach- und zuweilen auch ganz andere Tränen in die Augen. In manchen Momenten muss man an Cages vielleicht eindrücklichste Darstellung denken: an den Film, für den der Amerikaner seinen bisher einzigen Oscar erhielt, «Leaving Las Vegas».

Ganz so derangiert wie 1995, als sich Cages Figur in Las Vegas gänzlich dem Alkohol hingab, ist sein Biologie-Professor zwar nicht. Die zerbrechliche Menschlichkeit aber ist bei beiden Figuren ähnlich. Und nirgends so gut aufgehoben wie bei dem Ausnahme-Mimen.

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