Christian Thielemann bei einer Voraufführung des Neujahrskonzerts 2024 der Wiener Philharmoniker. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Dieter Nagl/WIENER PHILHARMONIKER/dpa)

Prächtige Tradition mit Überraschungen: Die Wiener Philharmoniker haben bei ihrem traditionellen Neujahrskonzert natürlich wie immer Polka und Walzer aus den Federn der Strauss-Dynastie zum Besten gegeben. Aber der deutsche Dirigent Christian Thielemann präsentierte auch ein Frühwerk von Anton Bruckner (1824-1896).

Die «Quadrille» gab es bislang nur für Klavier, nun wurde eigens eine Orchesterfassung geschrieben. Insofern war es für die 1700 Gäste im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins und ein Millionenpublikum in aller Welt eine Premiere. Das Konzert wurde live in rund 100 Länder übertragen.

Die größte Begeisterung gab es aber wie immer bei den traditionellen Zugaben: Dem «Donau-Walzer» und dem «Radetzky-Marsch». Thielemann präsentierte den «Donau-Walzer» teils sehr verhalten, dann fast tanzend am Dirigentenpult.

Vorher wandte er sich an das Publikum: «Eine Welt zerrissen von Kriegen und Intoleranz ist etwas sehr Unschönes», sagte er. Das Orchester präsentiere etwas Schönes, um alle auf andere Gedanken zu bringen. Beim Radetzky-Marsch dirigierte er dem Publikum zugewandt und wies es jeweils mit verschmitztem Lächeln an, wann es klatschen sollte und wann nicht.

Bruckners «Quadrille» ist eigentlich ein vierhändiges Klavierstück. «Da hat der junge Bruckner im Wirtshaus am Klavier irgendetwas fantasiert, das dann nachher aufgeschrieben worden ist», sagte Thielemann dem Sender ORF während der Proben. Für viele sei es kaum vorstellbar, dass das Stück aus der Feder von Bruckner stamme. «Aber so hat er angefangen, das finde ich so was von faszinierend.»

Österreich im musikalischen Jubiläumsjahr

Es war auch der Auftakt zum Bruckner-Jubiläumsjahr: Am 4. September 2024 jährt sich die Geburt des Komponisten zum 200. Mal. Österreich hat gleich einen zweiten runden Geburtstag zu feiern: Der Begründer der Zwölftontechnik, Arnold Schönberg (1874-1951), wurde am 13. September 2024 vor 150 Jahren geboren. Ein Jahr später ist Johann Strauss an der Reihe: Dann jährt sich sein Geburtstag zum 200. Mal.

Thielemann stand nach 2019 zum zweiten Mal beim Neujahrskonzert am Dirigentenpult. Die Wiener Philharmoniker laden seit mehr als 30 Jahren jedes Jahr einen anderen namhaften Maestro ein. Darunter waren Herbert von Karajan, Claudio Abbado, Riccardo Muti und Daniel Barenboim. Thielemann löst Barenboim in diesem Jahr an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin als Generalmusikdirektor ab. Zur Zeit ist er noch Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden.

Späte Liebe für Strauss-Dynastie

Lange hatten die Wiener Philharmoniker die Strauss-Dynastie ignoriert und damit die «wienerischste Musik, die je geschrieben wurde», wie das Orchester auf seiner Webseite schreibt. Sie taten dies als «Unterhaltungsmusik» ab. Erst die Wertschätzung der Musik durch andere namhafte Komponisten wie Franz Liszt, Richard Wagner und Johannes Brahms habe sie langsam umgestimmt.

Zur Strauss-Dynastie gehören der «Donauwalzer»-Komponist Johann Strauss (1825-1899) sowie dessen Brüder Eduard (1835-1916) und Josef (1827-1870), ebenso wie der Vater der Brüder, Johann Strauss (1804-1849). Während die Philharmoniker den Nachnamen der Brüder im Programm mit «ß» schreiben, haben die Männer selbst sich meist mit «ss» geschrieben, so, wie es auch auf den von der Familie initiierten Grabinschriften auf dem Wiener Zentralfriedhof steht.

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