Der Pop-Klassiker «The Lexicon Of Love» von ABC überdauert die Zeit. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Promoteam Universal/Universal Music/dpa)

In den frühen 1980er Jahren sorgten britische Bands wie Duran Duran, The Human League oder Depeche Mode mit einem neuen innovativen Sound für Furore. Mittendrin war die Band ABC. Im Juni 1982 veröffentlichte die Gruppe aus Sheffield ihr Debütalbum «The Lexicon Of Love». «Es war irgendwie ziemlich populär», erinnert sich Sänger Martin Fry im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London. «Ich weiß immer noch nicht, warum.»

Zuvor hatten ABC mit den Singles «Tears Are Not Enough», «Poison Arrow» und «The Look Of Love» auf sich aufmerksam gemacht und die Singles-Top-10 erreicht. Das Album «The Lexicon Of Love» schoss an die Spitze der britischen Charts. «Die Resonanz war phänomenal», sagt Fry. «Zu der Zeit haben wir wohl den Zeitgeist getroffen.»

Der 65-Jährige ist Frontmann, Bandleader und seit Mitte der 90er Jahre das letzte verbliebene Originalmitglied. Damals waren ABC ein Quartett, dem Gitarrist und Keyboarder Mark White, Saxofonist Stephen Singleton und Schlagzeuger David Palmer angehörten. Alle vier Mitglieder sind als Songwriter auf «The Lexicon Of Love» gelistet.

Tanzmusik und Post-Punk

«Es war 1982. Wir waren besessen von der Idee, die Welt der Tanzmusik mit Rock’n’Roll zu fusionieren», erzählt Fry. «In den Clubs haben wir Chic, die Jacksons und Sister Sledge gehört, aber zuhause hörten wir all diese ausgefallen Rockbands – Joy Division, Pere Ubu, Magazine und The Cure. Das alles wollten wir irgendwie zusammenbringen.» So schufen ABC ihren eigenen unverwechselbaren Stil.

«The Lexicon Of Love» wurde das perfekte Popalbum – voller Ohrwürmer, temporeich und hervorragend produziert. Das lag auch an Trevor Horn. «Er war entscheidend», sagt Fry über den Buggles-Frontmann («Video Killed The Radiostar») und ehemaligen Yes-Sänger. «Er hatte schon jeden Aspekt des Musikgeschäfts erlebt und alles gesehen», sagt Fry über den Starproduzenten, der später Frankie Goes To Hollywood, Grace Jones, den Pet Shop Boys oder Seal zu großen Erfolgen verhalf. Die Arbeit mit ABC war sein Beginn als Produzent. «Wir waren ambitioniert und Trevor auch», so Fry. «Das war eine großartige Kombination.»

Bowie trinkt Tee

Einen minimalen Einfluss hatte laut Martin Fry auch eins seiner Idole. «David Bowie kam einfach so für eine Tasse Tee vorbei», erzählt er. Bowie sei interessiert gewesen und habe ein paar Vorschläge gemacht. «Wir waren eine junge Band aus dem Nichts und dann kam Ziggy Stardust und hat uns mal kurz geholfen», sagt Fry immer noch verzückt. «Ich glaube, er hat ein bisschen von seinem magischen Staub auf die Platte gestreut.»

Bowie schlug auch vor, dass die Band eine Lücke auf dem Album mit Aufnahmen von einem Anrufbeantworter füllt. «Eine großartige Idee», sagt Fry. «Ich weiß nicht, warum wir das nicht gemacht haben.» Am Ende wurde es zwar kein Anrufbeantworter in dem Song «The Look Of Love», aber dafür gab es den von Martin Fry gesprochenen Monolog mit dem fast schon ikonischen Satz: «Martin, maybe one day you’ll find true love.» Der Sänger lacht. «Dieser Satz verfolgt mich bis heute.»

Mit Orchester in der Royal Albert Hall

Trevor Horn holte weitere Musiker ins Studio, darunter Keyboarderin Anne Dudley. Mehr als 25 Jahre später stand Dudley als Dirigentin auf der Bühne der Londoner Royal Albert Hall, wo Fry 2009 «The Lexicon Of Love» mit Band und Orchester performte. Der Gig sorgte für neues Interesse an dem Klassiker. «Auf eine seltsame Art hat es den Ruf des Albums auf ein neues Level gehoben», sagt Fry, der in Großbritannien demnächst erneut mit Dudley und Orchester auf Tournee geht.

Ein Jahr verspätet erscheint «The Lexicon Of Love» am Freitag (4.8.) in einer umfangreichen Jubiläumsneuauflage als Boxset mit vier Schallplatten, einer Blu-ray und Liner-Notes. Neben dem Originalalbum sind eine neue Dolby-Atmos-Abmischung, ein Konzert aus dem Londoner Hammersmith Odeon von 1982, mehrere Demos und der Film «Mantrap» von 1983 enthalten. «Mantrap» ist ein knapp einstündiges Musikvideo von Regisseur Julien Temple («The Great Rock’n’Roll Swindle») im James-Bond-Look mit Szenen aus dem Hammersmith-Konzert.

2016 veröffentlichten ABC «The Lexicon Of Love II», einen würdigen Nachfolger für das Kultalbum. Das Original bleibt jedoch unerreicht. «Ich frage mich manchmal, wie viele Alben seitdem gemacht wurden», sagt Martin Fry. «Es ist eine große Ehre und ein Privileg, dass Leute es vier Jahrzehnte später immer noch anhören. Das ist eine lange Zeit. 15 Millisekunden sind schon lang in der Popmusik, 40 Jahre sind eine Ewigkeit, nicht wahr?»

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