Sie trägt ein elegantes Abendkleid, ist jung, hübsch – und tot. Auf einem Platz in Montmartre wird die Leiche einer Frau gefunden. Sie hat keine Papiere bei sich, auch sonst nichts, was sie identifizieren könnte. Niemand scheint sie zu kennen und zu vermissen.
Die unbekannte Tote gibt Rätsel auf. Kommissar Maigret (Gérard Depardieu) nimmt sich dem mysteriösen Fall an. Erste Ermittlungen führen in das Pariser Künstlerviertel.
Renaissance eines Klassikers
Der französische Regisseur Patrice Leconte lässt mit «Maigret» den legendären Kommissar aus den bekannten Kriminalromanen des belgischen Schriftstellers Georges Simenon wieder aufleben. Er kommt in über 70 Romanen vor.
Für seine Verfilmung hat sich Leconte von Simenons «Maigret und die junge Tote» inspirieren lassen. Darin rekonstruiert der Kommissar nicht nur Stück für Stück die letzten Stunden der Toten. Erinnerungen an einen Fall werden wach, der ihn nie losgelassen hat.
«Maigret» ist ein Film mit nüchternen Tönen, fast streng. Er führt in das Paris der 50er Jahre, das in zahlreichen Filmen zu sehen war, in dieses Paris der Hinterhöfe, schwatzenden Hausmeisterinnen und Straßen, die noch die Spuren des Zweiten Weltkriegs tragen und die Leconte mit konstanter Eleganz nachbildet.
Sowohl die Kulissen als auch die Kostüme sind prunkvoll und die Spuren der Poesie, die die Bilder durchdringen, verleihen dem Film die Form eines Klassikers. Die Musik von Bruno Coulais vervollständigt die Atmosphäre.
Depardieu agiert sehr menschlich
Das Leconte-Drama ist seit Jahrzehnten wieder die erste Maigret-Verfilmung. Große Schauspieler wie Heinz Rühmann, Jean Richard, Bruno Crémer und Jean Gabin haben den legendären Kommissar verkörpert. Nun hat Depardieu in der imposanten Figur eine seiner besten Rollen gefunden.
Melone, Mantel und Pfeife: Depardieu scheint als Maigret geboren zu sein: keine nutzlose Mimik, ein Spiel voller Nüchternheit und Einfühlungsvermögen. Denn im Gegensatz zu seinen Kollegen löst Maigret seine Fälle nicht mit Ermittlungsmethoden, sondern mit Einfühlungsvermögen. Die Fähigkeit, den anderen und seine Gefühle zu verstehen, macht aus ihm einen fabelhaften Spürhund. In Maigret steckt echte Menschlichkeit – und die bringt Depardieu hervorragend rüber.
Wenn sich Maigret schwer schnaufend die Treppe in den sechsten Stock hochschleppt, dann nicht nur wegen seines Gewichts. Auf ihm lastet eine Müdigkeit, ein Gefühl der Erschöpfung, bereits alles gesehen und gegeben zu haben. Dieser Film ist ebenso das Porträt von Maigret wie eins von Depardieu.