Der Komponist und Dirigent Udo Zimmermann. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa)

Mit Musiktheater-Werken wie «Die weiße Rose» und «Levins Mühle» setzte er politisch Zeichen, als Intendant stritt er für eine auskömmliche Ausstattung der Kultur – in DDR-Zeiten wie im vereinigten Deutschland.

Als Künstler lebte Udo Zimmermann, der in der Nacht zum Freitag nach langer schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren in Dresden starb, stets für das Experimentelle. Nur schwer konnte der Komponist 2008 von der Intendanz des Europäischen Zentrums der Künste lassen. Mit Wehmut schaute er zu, wie aus seiner Vision eines Labors für zeitgenössische Kunst mit Eigenproduktionen ein Gastspielort wurde.

Im Rentenalter hatte sich das Leben des gebürtigen Dresdners noch einmal gewandelt. Er gab alle Ämter ab, baute ein neues modernes Haus am Elbhang, heiratete zum dritten Mal – und hatte endlich wieder Zeit für die Musik. «Sie ist mein Lebenselixier», bekannte er, viele Pläne für neue Werke im Kopf. Motorische Einschränkungen jedoch bremsten immer stärker seinen Tatendrang – schließlich musste er auch das Komponieren aufgeben.

Der Künstler, der stets mit Leidenschaft Musik schuf, konnte sie zuletzt nur noch hören. Der frühere Intendant der Oper Leipzig und Generalintendant der Deutschen Oper Berlin litt an einer seltenen neurodegenerativen Erkrankung, konnte am Ende kaum noch sprechen. Das Haus habe er schon seit Jahren nicht mehr verlassen, sagte seine Frau Saskia. «Aber Musik hörte er noch.»

Zimmermann sah sich stets als Theatermensch, der auch komponiert. «Theater und Musik liegen mir am Herzen und gehören zusammen, das Theater ist von der Musik amalgamiert und die Musik amalgamiert das Schauspiel», sinnierte er einmal. Dabei schlug sein musikalisches Herz stets für das Experimentelle, als engagierter Kulturpolitiker sah er die Abhängigkeit der Kultur von der Ökonomie mit großer Sorge.

Von Förderung profitierte auch er einst, der Kruzianer, wie die Sänger des berühmten Dresdner Kreuzchores genannt werden. Sein Weg stand früh fest: Er studierte in seiner Heimatstadt Komposition und Gesang, war dann Meisterschüler und Assistent bei Walter Felsenstein in Berlin. Noch als Student landete er mit «Die Weiße Rose» über die Geschwister Scholl einen Riesenerfolg – in Ost und West. Die Oper gehört zu den meistgespielten Werken zeitgenössischer Musik. Vier weitere Opern, Vokalsinfonik und Werke für Kammerensemble folgten – das letzte Violinkonzert wurde 2013 uraufgeführt.

In Dresden gründete Zimmermann 1974 das «Studio Neue Musik», aus dem 1986 das Zentrum für zeitgenössische Musik hervorging. Es erlangte als Ausrichter von Konzerten und Festivals sowie Forschungsort internationalen Ruf in der Szene der Neuen Musik. 2004 wurde daraus unter ihm das Europäische Zentrum der Künste, das alle Sparten wie Theater, Tanz, Architektur, Bildende und Medienkunst vereinen sollte.

Daneben dirigierte er renommierte Orchester, arbeitete an wichtigen Opernhäusern und füllte als Leiter der «musica viva»-Reihe des Bayerischen Rundfunks beim gleichnamigen Festival in München Säle – und das ausschließlich mit modernen Tönen. Weltweit aktiv und doch immer seiner Heimat treu, war er Professor an der Musikhochschule ebenso wie Dramaturg der Staatsoper. Der Traum aber, Chef der 1985 wiedereröffneten Semperoper zu werden, blieb unerfüllt.

Opernintendant war er trotzdem: 1990 bis 2001 in Leipzig und danach bis 2003 in Berlin. Die zwölf Leipziger Jahre waren die größte Herausforderung, die drei Jahre Berlin kosteten Unmengen an Energie. Dort ging er im Unfrieden vorzeitig. In den letzten zehn Jahren wurde es immer stiller um den introvertierten und auch umstrittenen Komponisten, der neben zwei Söhnen eine prominente Tochter aus erster Ehe hat: Schauspielerin Claudia Michelsen («Polizeiruf 110»).

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