Kultgitarrist Slash zelebriert den Blues
«Gitarren-Ikone Slash: «Was ich mache, mache ich vor allem für mich.» (Urheber/Quelle/Verbreiter: Herbert P. Oczeret/apa/dpa)

Sein markantes Gitarrenspiel ist so unverwechselbar wie sein ikonischer Look mit Sonnenbrille, schwarzer Lockenfrisur und Zylinder. Er füllt mit Guns N‘ Roses Stadien und rockt nebenbei mit seiner Band Slash featuring Myles Kennedy and The Conspirators. Er trat mit Michael Jackson auf und begleitete zuletzt Hollywood-Star Ryan Gosling bei dessen «Barbie»-Auftritt während der Oscar-Verleihung.

Slash ist eine Kultfigur der Popkultur, vor allem aber einer der renommiertesten und profiliertesten Gitarristen der Gegenwart. Jetzt veröffentlicht der 58-Jährige zum ersten Mal in seiner langen Karriere ein Blues-Album.

Immer schon ein Blues-Fan

Ein Blues-Fan ist Slash schon lange. In den 1990er Jahren ging er sogar mit seiner Band Slash’s Blues Ball in den USA und Europa auf Tournee. «Es war einfach eine lustige, betrunkene Coverband», sagt Slash im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur in London. «Ich dachte immer, eines Tages will ich das aufnehmen und daraus eine Platte machen. Ich hatte einfach keine Zeit dazu. Ich habe seitdem so viele Veränderungen durchgemacht – verschiedene Bands, Ehen und Scheidungen, Kinder und all sowas.»

Jetzt genügte ihm eine zweiwöchige Pause von der Welttournee mit Guns N‘ Roses, um das Album «Orgy Of The Damned» aufzunehmen. «Ich habe mich ganz spontan dazu entschlossen», sagt der Gitarrist, der bürgerlich Saul Hudson heißt. Kurzerhand rief er seine früheren Blues-Ball-Kollegen, Keyboarder Teddy Andreadis und Bassist Johnny Griparic, an. «Ich habe gesagt: Lasst uns ins Studio gehen und einige von den alten Blues-Ball-Songs rausholen. Dann hatte ich noch ein paar andere Songs, die ich immer schon mal aufnehmen wollte.»

Gaststars von AC/DC bis ZZ Top

Andreadis war bei Slash’s Blues Ball auch der Sänger. Aber für sein Album hatte der Gitarrist etwas anderes im Sinn. «Ich dachte, wenn wir Gastsänger holen, wird es etwas vielseitiger und interessanter, mehr Spaß. Ich wollte ja kein traditionelles Blues-Album machen. Es gibt schon genug Leute, die das machen. Ich habe einfach mein eigenes Ding gemacht. Bei jedem Song habe ich mir die Frage gestellt: Wer würde gut klingen, wenn er das singt?»

So setzt sich die Liste der Gäste zusammen aus dem Who-is-Who des Rock und aufstrebenden Stars. AC/DC-Frontmann Brian Johnson zeigt bei «Killing Floor» (im Original von Howlin‘ Wolf) gesanglich eine eher ungewohnte Seite von sich. Chris Robinson von den Black Crowes singt den Steppenwolf-Klassiker «The Pusher» und Billy F. Gibbons macht sich in seiner typischen ZZ-Top-Manier Muddy Waters‘ «Hoochie Coochie Man» zu eigen.

Der richtige Song als Lockmittel

Wenn Slash anruft, machen die Stars mit. Der allerdings gibt sich bescheiden. «Erst einmal geht man nicht davon aus, dass die was für einen tun», sagt er. «Man muss sie überzeugen, ihnen sagen, worum es geht. Aber das Wichtigste ist der Song. Glücklicherweise hatten die Sänger, die ich für jeden Song ausgewählt habe, alle eine Beziehung zu dem jeweiligen Song. Es half sicherlich, dass ich schon vorher wusste, wer zu welchen Liedern passen würde.»

Manche Tracks sind absolute Klassiker, andere sind weniger bekannt, zum Beispiel «Awful Dream» von Lightnin‘ Hopkins, das Iggy Pop singt. «Iggy ist einfach großartig», schwärmt Slash. «Er ist ein Phänomen. Er hat seinen eigenen einzigartigen Stil, den er wie ein Chamäleon bei vielen verschiedenen Dinge einbringen kann. Es klingt immer noch nach ihm, aber es passt sich an. Das liebe ich an ihm.» Ursprünglich stand die Punk-Ikone gar nicht auf Slashs Liste. Doch Iggy Pop wollte schon lange einen Blues-Song singen und bot sich an.

Überraschende Performance von Demi Lovato

Weitere Gäste sind der Blues- und Soulmusiker Gary Clark Jr. («Crossroads»), Chris Stapleton («Oh Well») und Beth Hart («Stormy Monday»). Neben Blues gibt es aber auch Soulanleihen auf «Orgy Of The Damned».

Die vielleicht größte Überraschung ist Demi Lovato, die den Temptations-Klassiker «Papa Was A Rolling Stone» schmettert und Slash im Studio besonders beeindruckte. «Sie hat mir eine verdammte Wahnsinnsperformance mit viel Herz gegeben. Da ist so eine Unschuld in ihrem Gesang. Sie singt toll Falsett, aber ihre normale Stimme ist fast kindlich, und das passt wirklich gut dazu.»

Mit dem einzigen Originaltrack – dem herrlichen Instrumental «Metal Chestnut» – klingt das Album aus. Slash erfindet den Blues auf «Orgy Of The Damned» nicht neu, aber durch die illustre Gästeliste und seinen prägnanten Sound ist es ein echtes musikalisches Vergnügen.

Kommerzieller Erfolg ist Nebensache

Ob es seinen Fans gefällt und ob es kommerziell erfolgreich wird, kümmert den vielseitig interessierten und viel beschäftigten Gitarrenvirtuosen übrigens kaum. «In der Musik gefallen mir verschiedene Dinge. Also mache ich mal dieses und mal jenes, was die Leute nicht erwarten», sagt er. «Manche Leute werden sagen: «Das ist nicht Heavy Metal genug.» Egal! Was ich mache, mache ich vor allem für mich.»

Sollte «Orgy Of The Damn» beim Publikum allerdings großen Anklang finden, stellt Slash, der in den USA im Sommer bei einem von ihm ins Leben gerufenen Blues-Festival auf der Bühne stehen will, eine Fortsetzung und eine ausgiebige Blues-Tournee in Aussicht.

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