Jessy Wellmer ist das neue Gesicht der ARD-«Tagesthemen». Bis heute – also selbst in digitalen Zeiten – schalten spätabends Millionen Menschen in Deutschland den Fernseher ein, um die Nachrichtensendung zu sehen.
Viele kennen die 43-Jährige schon aus der «Sportschau» im Ersten. An diesem Montagabend (30. Oktober) steht sie für ihre erste Sendung in Hamburg auf dem NDR-Gelände im «Tagesthemen»-Studio vor der Kamera. Sie wechselt sich mit Ingo Zamperoni ab.
Wellmer folgt auf die Moderatorin Caren Miosga, die den Polit-Talk von Anne Will im nächsten Jahr übernimmt. Erfahrung mit Politiker-Interviews bringt die TV-Journalistin bereits mit. Sie moderierte neben Sport auch TV-Nachrichten im Regionalen im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), dann kam das ARD-«Mittagsmagazin» dazu und es gab Corona-Extra-Sendungen im Ersten.
Im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagte Wellmer: «Da hatte ich auch schon Bundesministerinnen und -minister vor der Nase. Die ‚Tagesthemen‘ kommen jetzt gar nicht unnatürlich um die Ecke, sondern das ist für mich ziemlich logisch.»
Volontariat beim RBB
Sie ergänzte: «Ich wollte schon als Volontärin beim Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) eigentlich in die Politik. Ich bin eher durch Zufall im Sport gelandet und habe dann dort viele interessante und sehr schöne Jahre gearbeitet. Aber nebenher habe ich immer auch Politik gemacht.»
In einer Sendung auf Radio Eins (RBB) mit Anne Will vor Tagen erzählte Wellmer über ihre Ausbildungszeit beim RBB: «Ich habe mich so schwer getan, gute Nachrichten zu formulieren.» Sie habe es lange üben müssen, mit scharfem und fokussiertem Blick auf die wichtigen Dinge zu schauen.
Die im mecklenburgischen Güstrow 1979 geborene Journalistin war nach einem Volontariat in den 2000ern in der Sportredaktion des RBB tätig. Einige Jahre moderierte sie bis 2014 den Sport im ZDF-«Morgenmagazin» und kehrte dann zur ARD zurück. Sie ist ein Gewächs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Ton und Sprache der Moderation
Nachgefragt, was sie an der künftigen Konkurrenz – dem ZDF-«heute journal» – besser findet, sagte die 43-Jährige der dpa: «Worum ich das ‚heute journal‘ manchmal ein bisschen beneide, ist die täglich weitgehend feste Anfangszeit. Da gibt es eine Verlässlichkeit für die Zuschauer.»
Die Moderationen von «Sportschau» und «Tagesthemen» unterscheiden sich in einigen Punkten, wie Wellmer erläuterte. «Wenn Fußball die schönste Nebensache der Welt ist, dann könnte man sagen: In den Nachrichten geht es um sehr viele Hauptsachen – und die sind nicht immer schön. Das macht sich natürlich auch bei Ton und Sprache der Moderationen bemerkbar.»
Im Moderationsstil gebe es auch große Unterschiede: «Im ‚Sportschau‘-Studio steht man als ganze Person, mit viel Gestik und Mimik, man ist quasi Teil der Kulisse. Meine Rolle in den ‚Tagesthemen‘ wird sicher reduzierter sein», sagte Wellmer.
Noch kein Abschiedssatz zum Ende der Sendung
Zuletzt zeigte die Journalistin auch Dokus in der ARD. Es ging darin um Ostdeutschland, hohe Umfragewerte für die AfD, sinkendes Vertrauen in die Demokratie und eine Debatte um ostdeutsche Identität.
Ein Abschiedsritual, das zum Markenzeichen mancher Moderatoren gehört, hat sich Wellmer für die «Tagesthemen»-Präsentation noch nicht überlegt. Die 43-Jährige sagte: «Mir ist zusammen mit Kollegen aufgefallen, dass überwiegend Männer zu solch einem Abschlussritual neigen.»
Ihr Kollege Ingo Zamperoni sagt zum Ende seiner «Tagesthemen»-Moderationen stets: «Bleiben Sie zuversichtlich!» Im Ohr ist sicher vielen auch noch der Abschlusssatz des früheren «Tagesthemen»-Manns Ulrich Wickert (80), der «eine geruhsame Nacht» wünschte.
Wellmer ergänzte: «Aber unabhängig davon: Ich finde es gut, wenn ich die Freiheit behalte, den Satz zum Ende der Sendung auch vom jeweiligen Tag und den Ereignissen abhängig zu machen. Aber wenn mir irgendwann so ein Zamperoni- oder Wickert-Schlusssatz ein- oder zufällt, dann bringe ich den vielleicht auch.»