Kaiserwetter für die Königin: Zehntausende Menschen haben in London den 70. Throngeburtstag von Queen Elizabeth II. gefeiert. Laut brauste Jubel auf, als sich die 96-Jährige zwei Mal auf dem Balkon des Buckingham-Palasts im Stadtzentrum zeigte.
In einem taubenblauen Kleid nahm die Monarchin lächelnd die Huldigungen entgegen, beim zweiten Auftritt trug sie eine Sonnenbrille.
Parade und Salut
Bei strahlendem Sonnenschein stand der Auftakt der viertägigen Jubiläumsfeiern im Fokus der britischen Streitkräfte. Das Militär ehrte seine Oberbefehlshaberin mit der traditionellen Parade «Trooping the Colour», einem Formationsflug von mehr als 70 Flugzeugen und Helikoptern sowie Dutzenden Salutschüssen.
An der Seite der Queen standen ihre engsten Familienangehörigen, etwa Sohn und Thronfolger Prinz Charles sowie Enkel Prinz William, auch er ein künftiger König, samt Familien. Charles und William hatten mit Queen-Tochter Prinzessin Anne – alle in Galauniform – die Königin zuvor bei der Parade vertreten. Doch auf dem Balkon stahl ein kleiner Gast der Queen die Schau. Prinz Louis (4), jüngster Sohn von William und Herzogin Kate, machte Grimassen und hielt sich beim lautstarken «Flypast» der Royal Air Force die Ohren zu. Lächelnd neigte sich die Königin zu ihrem Urenkel herunter und plauderte mit ihm.
In einem Matrosenanzug erinnerte Louis an den Auftritt seines Vaters William bei der Militärparade 1985. Sein älterer Bruder Prinz Georg (8) trug hingegen einen Anzug und Krawatte, seine Schwester Charlotte (7) ein Kleid. Die Kinder hatten bereits alle Blicke auf sich gezogen, als sie gemeinsam mit Mutter Kate und Queen-Schwiegertochter Herzogin Camilla, der Ehefrau von Charles, in einer offenen Kutsche den kurzen Weg vom Palast zum Exerzierplatz Horse Guards Parade zurücklegten.
Vier Tage feiern
Noch bis Sonntag herrscht im Vereinigten Königreich der royale Ausnahmezustand. Die Queen dankte ihren Landsleuten vorab für die Feier. «Ich weiß, dass bei diesen festlichen Anlässen viele schöne Erinnerungen entstehen werden», hieß es in einer Grußbotschaft.
Vor der Militärparade kam es auf dem Prachtboulevard Mall zu einem Zwischenfall, als vier Aktivisten der Tierschutzorganisation Animal Rebellion die Absperrungen überwanden und sich vor einer Musikkapelle auf den Boden warfen. Polizisten nahmen die Männer fest.
Bei der Parade ließ sich die Königin, die zuletzt immer wieder «Mobilitätsprobleme» hatte, von Prinz Charles vertreten. Überraschend verfolgten auch Queen-Enkel Prinz Harry und seine Ehefrau Herzogin Meghan die Militärschau. Der Besuch des in die USA ausgewanderten Ehepaars hatte vor allem in den konservativen britischen Medien Angst vor einer «Sussex-Bombe» ausgelöst – dass Meghan und Harry, die sich jüngst von einem Netflix-Filmteam begleiten ließen, das Jubiläum mit egoistischen Auftritten überschatten könnten.
Gerüchte über eine anstehende Taufe
Nun deuten die Zeichen eher auf einen Familienfrieden hin. Denn auch am Freitag bei einem Dankgottesdienst in der Londoner Kathedrale St. Paul’s sowie am Samstagabend bei einer großen Party mit Musikstars und Promis am Buckingham-Palast wird das Paar erwartet. Die Queen habe ihre Limousine geschickt, um ihren Enkel samt Familie vom Flughafen abholen lassen, berichteten britische Zeitungen.
Mehr noch: Am Samstag ist Medienberichten zufolge ein privates Treffen mit Harrys Großmutter vorgesehen. Dabei könnte die Queen erstmals ihre Urenkelin Lilibet treffen, die nach dem familieninternen Spitznamen der Monarchin heißt. Auch Brüderchen Archie (3) ist dabei. Die mögliche Audienz hat Gerüchte geschürt, das Ehepaar könnte seine Tochter im Beisein der Queen taufen lassen. Dies wäre eine weitere Friedensgeste im familieninternen Zwist. Vor allem Harrys Vater Prinz Charles und Bruder Prinz William sollen dem 37-Jährigen dessen scharfe Kritik am Palast der vergangenen Monate noch übel nehmen.
Harry und Meghan nicht auf dem Balkon
Für Harry und Meghan gab es aber auch eine klare Grenze: Sie waren nicht mit auf dem Buckingham-Balkon dabei. Dort waren nur «Working Royals» vorgesehen, wie der Palast bestätigte. Harry und Meghan hatten mit ihrem Umzug in die USA aber ihre royalen Pflichten aufgegeben. Auch der zweitälteste Queen-Sohn Prinz Andrew wird fehlen. Er hat sich wegen seiner Verwicklung in einen Skandal um sexuellen Missbrauch weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
An den kommenden Tagen steht umso mehr die Queen im Mittelpunkt. Elizabeth ist seit dem Tod ihres Vaters König Georg VI. am 6. Februar 1952 britische Königin. Gekrönt wurde sie am 2. Juni 1953.
Landesweit feiern Millionen Menschen bei Straßenfesten ihre Königin. Am Donnerstagabend soll landesweit Leuchtfeuer den dunklen Himmel erhellen. Den symbolischen Start sollte die Königin auf ihrer Residenz Schloss Windsor übernehmen. Zeitgleich will ihr Enkel William 35 Kilometer weiter östlich am Buckingham-Palast einen Lichterbaum erstrahlen lassen. Feuer sollen auch auf den höchsten Gipfeln aller vier Landesteile England, Schottland, Wales und Nordirland entzündet werden sowie an etlichen anderen Orten, auch in Ländern des Staatenbundes Commonwealth.
Ein arbeitsfreier Feiertag mehr
Auch am Wochenende sind Veranstaltungen geplant. So gehört das bekannte Pferderennen Epsom Derby am Samstag zu den zentralen Feierlichkeiten, am Sonntag ist in London ein «Street Pageant», eine Art Straßenkarneval, geplant. Damit die Menschen ihre Königin gebührend feiern können, gibt es einmalig einen weiteren arbeitsfreien Feiertag. Zudem dürfen Pubs deutlich länger öffnen.
Die Feier der «ewigen» Monarchin wirkt auch wie ein wichtiger Moment der Selbstvergewisserung in unsicheren Zeiten. Party statt «Partygate»-Skandal, Budenzauber statt Brexit, Krönung statt Krieg: Der viertägige Festreigen soll das Land wieder zusammenschweißen. Überall wehen schon seit Tagen britische Flaggen, Vorgärten und Häuser sind geschmückt. Hartgesottene Royals-Fans campten auf der Londoner Prachtstraße Mall. Ziel: ein guter Platz für die Parade.
Vor allem die Queen ist nach wie vor äußerst beliebt im Land. Wie das Meinungsforschungsinstitut Yougov ermittelte, sind 84 Prozent der Menschen in Großbritannien der Ansicht, die Königin habe in ihren 70 Jahren auf dem Thron sehr gute oder gute Arbeit geleistet. Allerdings schwindet unter jüngeren Menschen die Unterstützung für die Monarchie. Bei den 18- bis 24-Jährigen sank die Zahl der Befürworter einer Yougov-Umfrage zufolge seit 2011 von 59 Prozent auf 33 Prozent.