Clara De Pin (l-r), Andreas Döhler und Marc Hosemann in Castorfs neuer Inszenierung «Fabian oder Der Gang vor die Hunde» am Berliner Ensemble. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jörg Carstensen/dpa)

Mit dem Theaterpublikum geht Frank Castorf selten zimperlich um. Das gilt auch für seine neue Inszenierung am Berliner Ensemble. Der Regisseur nahm sich mit «Fabian oder Der Gang vor die Hunde» einen Roman von Erich Kästner (1899-1974) vor. Darin geht es eigentlich um den arbeitslosen Jakob Fabian, der sich im Jahr 1931 durch Berlin schlägt, während der Nationalsozialismus erstarkt.

Auf der Bühne ist davon am Samstagabend nur bruchstückhaft etwas zu erkennen. Es wird geschrien, gespuckt, Klavier gespielt. Schauspielerinnen räkeln sich ziemlich nackt – oder kreischen den Zuschauerinnen und Zuschauern entgegen. Ach so – ja, und das mit dem Kunstblut kommt natürlich auch noch.

Castorf – früher langjähriger Intendant der Berliner Volksbühne – gilt auch als «Stückezertrümmerer». Die Geschichte wird mit anderen verwoben, Textpassagen werden auseinandergerissen. So schafft er etwas Neues. Auch jetzt zeigt der 69-Jährige eine Collage aus Romansätzen, anderen Erzählungen und historischen Aufnahmen.

Kästners Roman, der vor 90 Jahren erschienen war, scheint gerade wieder die Runde zu machen. Auf der Berlinale wurde gerade eine Neuverfilmung von Dominik Graf vorgestellt, mit Tom Schilling in der Hauptrolle. Was da zumindest in weiten Teilen recht poetisch daherkommt, sieht bei Castorf anders aus. Gegen Ende geht es um Verrat, Krieg, Vergewaltigung.

Die Premiere war mehrfach verschoben worden wegen der Pandemie. Nach rund fünf Stunden verlässt man den Theatersaal etwas ratlos. Hat man es einfach verlernt, sich genussvoll anschreien zu lassen? Oder ist Castorfs Trickkiste jetzt eben doch schon durch? Vom Publikum gibt es viel Applaus, etwa für die Schauspieler Marc Hosemann und Andreas Döhler sowie Schauspielerin Sina Martens.

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