Gerry Friedle alias DJ Ötzi. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Matthias Röder/dpa)

Er macht Party für Tausende Menschen, aber selbst geht er fast nie feiern. «Ich versuche, meine Energie bei mir zu behalten», sagt Gerry Friedle alias DJ Ötzi. «Außerdem trinke ich keinen Alkohol», so der 50-jährige Österreicher im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Wien.

Die Abstinenz sei wohl auch eine Langzeitfolge seiner schweren Erkrankungen in der Kindheit, als er bis zum Alter von zwölf Jahren unter häufigen epileptischen Anfällen litt. In seiner am Dienstag erschienenen Autobiografie «Lebensgefühl» beschreibt der gelernte Koch, wie der Schuldirektor ihn bei einem Anfall anmeckerte, er solle nicht den Unterricht stören und den Pausenclown spielen. «Man mied mich, man wich mir, dem Irren, aus.»

Eine Kindheit in Tirol, geprägt vom Aufwachsen zuerst bei Pflege- und dann bei den Großeltern. Der Weg zum erfolgreichsten österreichischen Musikexport seit Falco war im Fall von DJ Ötzi («Anton aus Tirol», «Ein Stern, der deinen Namen trägt») in der Tat steinig.

Die Liebe zu einer Frau endete in Schulden und Obdachlosigkeit. Friedle schlief im Freien und ging buchstäblich betteln. Um eine neue Liebe zu erobern, wagte er sich auf eine Karaoke-Bühne – und entdeckte unter dem Beifall des Publikums sein Talent. Er wurde Österreichs bekanntester DJ – und schließlich gelang ihm mit dem «Anton» der Durchbruch.

Musik war seine Rettung, schon als Kind. «Ich habe mit meinem Kassettenrekorder vom Hinterhofbalkon aus die Nachbarschaft beschallt», erinnert sich Friedle. Der Balkon und die Rolle als DJ seien wie eine Art Rückzugsort in all seiner Not als Kind gewesen.

Damals wie heute schöpfe er Kraft aus der Musik. «Ich höre Tag und Nacht Musik und befasse mich mit den Gefühlen, die sie auslöst», so Friedle, den seine Frau Sonja in Anspielung auf den Musikautomaten einen «lebenden Wurlitzer» nennt. Seine Interpretationen schon veröffentlichter Songs seien viel mehr als bloßes Nachsingen und -spielen. «Sie werden ganz neu inszeniert.»

Sein neues Album «Sei du selbst» sei sehr persönlich. «Es war an der Zeit, sich zu öffnen», sagt Friedle. Die Songs erzählen unter anderem vom schwierigen Vater-Sohn-Verhältnis oder von der Einsamkeit als Kind. «Mit dem Album und dem Buch habe ich die Karten auf den Tisch gelegt.» Der Leser erfährt auch, dass Friedle, der zuvor 90 Zigaretten am Tag geraucht hatte, seit wenigen Monaten Nichtraucher ist. «Ich habe es dank einer Hypnose und einer offenen Einstellung dazu geschafft.»

Klarheit und Offenheit seien für ihn gerade jetzt wichtig. «Ich fühle mich leichter denn je» – auch wenn das nicht aufs Gewicht bezogen sei. «Aber den Bauch als Panzer brauche ich eigentlich nicht mehr.»

Mit seiner Mutter, die ihn als damals 17-Jährige gleich zu Pflegeeltern gegeben hat, will er ähnlich wie mit seinem schon gestorbenen Vater ins Reine kommen. Er selbst, der in seiner Karriere auch wegen seiner oft täglichen Auftritte wie in einem Tunnel unterwegs war, will noch viel nachholen. «Nicht im Sinn des Amüsierens, sondern ich will an mir arbeiten.» Dabei leitet ihn ein originelles Trio: «Elvis, Winnetou und Jesus sind meine Helden.»

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