Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat den Umgang der documenta-Leitung mit Vorwürfen als «verheerend» kritisiert und Konsequenzen gefordert. «Dass die Unterstützungsangebote des Landes Hessen und des Bundes zur Veränderung der Strukturen insbesondere im Hinblick auf die internationalen Auswirkungen ausgeschlagen wurden, ist völlig unverständlich», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Auch die mangelhafte Kooperation mit dem Direktor der Bildungsstätte Anne Frank (Frankfurt am Main), Meron Mendel, zeige, dass «die documenta-Leitung letztlich nicht an einem ernsthaften Dialog interessiert ist», sagte Klein. «Es zeugt zudem von mangelndem Respekt gegenüber dem Deutschen Bundestag, dass keine der verantwortlichen Personen vor dem Kulturausschuss erschienen ist und sich den berechtigten Fragen der Parlamentarier gestellt hat.»
Er habe «Verständnis dafür, dass sich inzwischen Kulturschaffende und -interessierte von der documenta abwenden». Klein hofft, «dass dies nun endlich dazu führen wird, den Skandal adäquat aufzuarbeiten und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen».
Die documenta fifteen in Kassel war am Freitag vom nächsten Eklat erschüttert worden – zwei wichtige Akteure zogen sich zurück. So gab zunächst der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank bekannt, er stehe der wegen antisemitischer Darstellungen heftig kritisierten Schau nicht länger beratend zur Seite. Später erklärte die deutsche Künstlerin Hito Steyerl ihren Rückzug von der Ausstellung.
Bereits ein halbes Jahr vor dem Beginn der documenta fifteen waren Antisemitismus-Vorwürfe gegen das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa laut geworden. Kurz nach der Eröffnung der Schau, die neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst gilt, wurde dann eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt.
Das Banner «People’s Justice» des indonesischen Kunstkollektivs Taring Padi wurde daraufhin abgehängt. Die Organisatoren der Ausstellung hatten als Konsequenz unter anderem angekündigt, alle weiteren Werke mithilfe externer Experten, darunter auch Mendel, auf antisemitische Inhalte zu prüfen.