Autor Friedrich Christian Delius gestorben
Der Autor Friedrich Christian Delius starb im Alter von 79 Jahren in Berlin. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa)

Der Schriftsteller Friedrich Christian Delius ist tot. Er sei am Montag im Alter von 79 Jahren in Berlin gestorben, teilte der Rowohlt Verlag am Dienstag mit.

Der Verlag würdigte ihn als «herausragenden Chronisten» seiner Zeit und einen der bedeutendsten Autoren der deutschen Gegenwartsliteratur. Von Delius stammen Werke wie «Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde» oder zuletzt der 2021 veröffentlichte Erzählungsband «Die sieben Sprachen des Schweigens». Delius wurde vielfach ausgezeichnet, darunter 2011 mit dem Georg-Büchner-Preis.

Zu seinen stets sorgfältig recherchierten Titeln gehört eine Trilogie zum Deutschen Herbst 1977, in der Delius den bewaffneten Kampf der linksterroristischen RAF und die Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer aufarbeitete. Oder der Roman «Mein Jahr als Mörder», der sich mit der Verdrängung der Nazi-Verbrechen im Nachkriegsdeutschland auseinandersetzte.

«Die Birnen von Ribbeck» kamen nach der Wende

2019 erschien sein Roman «Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich». Darin geht es um einen selbstbewussten Journalisten, der zwei Jahre vor der Rente gefeuert wird – das unterhaltsam-bissige Porträt eines Freidenkers und Flaneurs. Aus der Zeit der deutschen Einheit sticht die Erzählung «Die Birnen von Ribbeck» (1991) heraus.

Rom spielte eine wichtige Rolle für F.C. Delius, wie er oft verkürzt hieß. Dort wurde er am 13. Februar 1943 als Sohn eines westfälischen Hilfspfarrers und einer Kindergärtnerin geboren. Er wuchs in Hessen auf, lebte in Berlin und fand später, wieder in Rom, seine zweite Frau. Er war auch Stipendiat an der Villa Massimo. Dort arbeitete er an der Dokumentarsatire «Unsere Siemens-Welt».

Delius war über sechs Jahrzehnte aktiv, seine Werke wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt, er nahm auch an Tagungen der legendären Gruppe 47 teil. Schon mit 18 veröffentlichte er erste Gedichte. Sein Entdecker war der Verleger Klaus Wagenbach. Dieser holte den Literaturwissenschaftler 1970 als Lektor an seinen legendären Kollektivverlag. Delius stand der 68er-Bewegung nahe, mochte sich aber nicht einspannen lassen.

Wegen der Haltung zur RAF kam es mit Wagenbach zum Bruch. Delius gründete 1973 gemeinsam mit Freunden den ebenfalls gemeinsam geführten Rotbuch Verlag. Er wurde mit seinem Gespür für damals noch unbekannte Autoren wie Heiner Müller, Thomas Brasch, Thea Dorn und Herta Müller erfolgreich. Er half, Autoren aus der DDR im Westen bekanntzumachen – ein Mittler zwischen Ost und West, der auch Werke über die Grenze schmuggelte. Seit 1978 war er als Schriftsteller selbstständig.

Die subjektive Sicht war ihm wichtig

Seine Arbeit erklärte Delius im dpa-Interview einmal so: «Ich versuche, Fragen, die ich an bestimmte Aspekte unserer Gegenwart oder historische Ereignisse habe, zu beantworten, indem ich Figuren losschicke, auf Expeditionen gewissermaßen. Ich versuche, hinter Schlagzeilen, Formeln und Vorurteile zu gelangen, zu möglichst differenzierten Wahrnehmungen durch möglichst subjektive Sicht.»

Delius hat mehr als 35 Bücher veröffentlicht. Schon zu seinem 70. Geburtstag hatte Rowohlt eine Neuausgabe des Gesamtwerks gestartet. Zu seinem Tod würdigte der Verlag sein Werk, es sei «von großer Beständigkeit, von großer Klarheit und Kraft». Für Rowohlt-Berlin-Verleger Gunnar Schmidt, der auch sein Lektor war, war er ein Autor mit Neugier auf die Welt – mit Fantasie, Intuition und Menschenkenntnis. «Seine Stimme wird fehlen.»

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hob hervor, im Schaffen von Delius spiegele sich die deutsche Geschichte. «Seine Werke zeichnen sich durch intensive Sprachkraft und klare Haltung aus: gegen Hartherzigkeit und Gleichgültigkeit, gegen Opportunismus und Konformismus.» Sein Tod sei ein großer Verlust für die deutsche und europäische Literatur. «Wir werden ihn sehr vermissen, seine Werke werden uns noch lange beschäftigen.»

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