Der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani hat den Eindruck, im Alltag vielen „Mini-Trumps“ zu begegnen. Er beobachtet in seinem Wohnviertel Eigelstein in der Kölner Innenstadt immer wieder Männer, die einfach überall hin urinieren, selbst wenn Kinder, Frauen oder Passanten in der Nähe sind. „Es ist ihnen – Verzeihung! – scheißegal“, äußerte der 57-Jährige im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Und wenn man sie darauf hinweist, dass das widerlich ist, wird man auch noch beschimpft. Ich denke dann jedes Mal: Noch so ein Mini-Trump!“
Häufig handelt es sich um ganz normale Männer im Geschäftsanzug. „Verwahrlosung ist offenkundig kein exklusives Problem der sogenannten Unterschicht oder einer fremden Kultur“, so Kermani. Auch das rücksichtlose Abstellen von E-Rollern quer auf dem Bürgersteig kritisiert er: „Wieso macht man so etwas?“ Zudem bemängelt er, dass viele Menschen glauben, an jedem Ort und zu jeder Zeit Alkohol konsumieren zu müssen. „Wenn sie dann gesoffen haben, erbrechen sie sich, und das passiert in unserem Hauseingang inzwischen nicht mehr nur im Karneval.“
Kermani sieht die tiefere Ursache für dieses Verhalten in einem überbetonten Individualismus: „Ein Mann wie Donald Trump ist einerseits Rollenmodell, andererseits aber auch Verkörperung von Verhaltensweisen und Antrieben, die sich in der Gesellschaft insgesamt ausbreiten.“