Ein «Wackelkontakt» bringt Deutschland derzeit zum Tanzen: Der Ohrwurm des bayrischen Liedermachers Oimara steht seit Wochen auf Platz Eins der Single-Charts, gefolgt von zahlreichen Solokünstlern wie Zartmann und Ayliva sowie Duetten wie Rosé & Bruno Mars und Lady Gaga & Bruno Mars. In den Top Ten sucht man jedoch vergeblich nach Musikbands, und das ist kein Zufall.
Überraschender Rückgang der Band-Präsenz
„In den Single-Charts sind Bands mittlerweile weniger präsent“, erklärt Hans Schmucker vom Marktforschungsunternehmen GfK Entertainment, das die offiziellen Hitlisten erstellt. Während in den 1990er Jahren 37 Prozent der Songs in den Charts von klassischen Musikgruppen stammten, waren es in den 2000ern 34 Prozent. In den 2020ern ist dieser Anteil auf nur noch sechs Prozent gesunken. Im Gegensatz dazu sind Duos und Kollaborationen, die mittlerweile 45 Prozent ausmachen, zunehmend populär.
Gründe für den Rückgang
Die Gründe, warum die beliebtesten Songs oft nicht mehr von Bands kommen, sind vielfältig. Laut der erfahrenen Musikmanagerin und PR-Expertin Marina Buzunashvilli könnte es daran liegen, dass es heutzutage erheblich schwieriger ist, mit Musik Geld zu verdienen. „Eine Band mit mehreren Mitgliedern zu finanzieren, ist einfach aufwendiger“, sagt sie.
Die Einnahmen aus Streamingdiensten wie Spotify oder Apple Music sind für viele Künstler, die nicht den Superstar-Status eines Taylor Swift erreichen, gering. Heutzutage generieren Musiker ihren Umsatz hauptsächlich durch Konzerte und Merchandising-Verkäufe.
Die Rolle der sozialen Medien
Um vor allem junge Fans anzulocken, gewähren Künstler zunehmend Einblicke in ihr Leben über soziale Medien wie TikTok. Die Identifikation mit einem einzelnen Künstler scheint dabei für Fans wirksamer zu sein als die Identifikation mit mehreren Bandmitgliedern.
Veränderungen in der Musikproduktion
Darüber hinaus hat sich die Songproduktion in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Dank Software wie GarageBand können Musikinteressierte ihre eigenen Tracks im Schlafzimmer erstellen, ohne auf teure Instrumente angewiesen zu sein.
Vorteile für Plattenfirmen
Für Plattenfirmen sind Solokünstler zudem weniger riskant, da die Gefahr von internen Konflikten innerhalb einer Band entfällt. Dies zeigt sich in der Geschichte vieler Bands wie den Eagles oder Guns N’ Roses.
Erfolgreiche Bands in den Album-Charts
Obwohl Bands in den Single-Charts weniger präsent sind, bedeutet das nicht, dass sie nicht erfolgreich sind. Laut GfK Entertainment machten Gruppen in den 2020er Jahren 46 Prozent aller platzierten Alben aus, ein vergleichsweise stabiler Wert über die Jahre.
Buzunashvilli ist überzeugt, dass Bands mit einer treuen Fanbasis immer Alben verkaufen werden, da dies zur Identität der Fans gehört. Dies zeigt sich auch in der Konzertszene, wo etablierte Bands wie Rammstein und Metallica nach wie vor hohe Nachfrage generieren.
Die Rückkehr der Boy- und Girlbands
Zusätzlich erleben wir eine Comeback-Welle aus den 90er und 2000er Jahren. Boybands wie Five und Girlbands wie die Sugababes starten wieder Tourneen und können sich sicher sein, die Herzen ihrer alten und neuen Fans zu gewinnen. Vielleicht gelingt es ihnen sogar, bald wieder große Hits in den Charts zu landen.