Freude, Hoffnung, Glück, Wehmut: Das neue Album der Chemical Brothers «For That Beautiful Feeling», das an diesem Freitag (8. September) erscheint, weckt ein ganzes Spektrum von Gefühlen.
Dass die Electronica-Pioniere Tom Rowlands (52) und Ed Simons (53) mit ihren Big-Beat-Klängen auch nach drei Jahrzehnten noch immer Massen von Menschen in ihren Bann ziehen, haben sie in den vergangenen Wochen und Monaten bewiesen. Den Sommer über waren sie auf verschiedenen Festivals in Europa unterwegs. Und es geht beinahe nahtlos weiter: Mit dem neuen Album gehen sie im Herbst zunächst auf Tournee durch Großbritannien und Irland. Anschließend folgen Auftritte in Australien.
«For That Beautiful Feeling» ist das erste Album des britischen Duos seit 2019. Entstanden ist die Platte im eigenen Studio der beiden in Südengland. Den genauen Ort der als Rowlands Audio Research Ltd im Handelsregister eingetragenen Songfabrik halten sie streng geheim, als gelte es, das Rezept für einen magischen Trank zu hüten. Zu den seltenen Einblicken ihrer Wirkungsstätte, die sie bisher gewährten, gehört das Video einer Katze, die über eine Landschaft von Keyboards, Verstärkern, Schaltern und Kabeln wandert, wie auf ihrem Facebook-Account zu sehen ist.
Die ausgekoppelte Single «No Reason» ist ein Track – wie so oft bei den Chemical Brothers – den man nicht anhören kann, ohne sich dabei im Rhythmus bewegen zu wollen. Jeder Ort wird unweigerlich zum Dancefloor. Der Titelsong «For That Beautiful Feeling» ist ein eher verträumt, melancholisches Stück. «Goodbye» klingt wehmütig, als wäre es einer längst vergangenen, aber nie überwundenen Liebe gewidmet. «Fountains» ist ein leichtes, nach funkigem Hip-Hop klingender Song. Das leidenschaftliche «Live Again» – ebenfalls als Single ausgekoppelt – klingt nach Hoffnung und Aufbruch. Kurz gesagt: Das Album enttäuscht nicht. Fans dürfen sich auf elf Songs (inklusive Intro) freuen, mit der die Chemical Brothers an ihr bisheriges Werk anknüpfen, ohne sich dabei zu wiederholen.
Auf der Bühne fast unsichtbar
Wer sind die beiden, die aus der Club-Szene in Manchester heraus schon so lange zu den ganz Großen ihres Genres gehören? Spielt keine Rolle, das finden zumindest die unprätentiösen Künstler. «Wir haben den Personenkult übersprungen. Wir waren nie diese Art von Leuten und deswegen haben wir eine Menge an Presse und sowas gemieden. Das ist nicht unsere Stärke», sagte Rowlands kürzlich dem «Sydney Morning Herald» und fügte hinzu: «Die Musik ist interessanter als wir es sind.»
Zu ihren Live-Auftritten gehört, dass man eigentlich kaum etwas von ihnen selbst sieht, dafür aber ein umwerfendes psychedelisches Spektakel in Form von Projektionen und Licht-Effekten geboten bekommt. Was bei künftigen Shows zu erwarten ist, verraten die beiden noch nicht, nur soviel: Es kann ihnen eigentlich nicht groß und spektakulär genug sein, wie Rowlands dem «Morning Herald» sagte.
Ein weiteres Markenzeichen der Chemical Brothers ist, dass sie überhaupt keine Scheu davor haben, Genre-Grenzen zu überwinden. Für ihr neues Album arbeiteten sie bereits zum zweiten Mal mit US-Künstler Beck zusammen – für den Track «Skipping Like A Stone». Erstmals holten sie zudem die Französin Halo Maud ins Boot («Live Again», «For That Beautiful Feeling»). Legendär ist die Kooperation mit Ex-Oasis-Gitarrist und Sänger Noel Gallagher für ihr zweites Album «Dig Your Own Hole».
Im Oktober soll übrigens das Buch «Paused in Cosmic Reflection» erscheinen, in dem die beiden auf ihre drei Jahrzehnte währende Karriere zurückblicken. Auch wenn ihr Werk und die Auftritte noch immer futuristisch wirken, sie sind bereits Teil der Musikgeschichte.