Im Jahr 2006 sind sich Shauna und Pierre erstmals in Lyon begegnet. Pierre ist Arzt und behandelte damals Shaunas beste Freundin, die an Krebs litt. Rund 15 Jahre später kreuzen sich ihre Wege erneut – und das bleibt nicht ohne Folgen.
Altersunterschied immer noch ein Tabu
Mit «Im Herzen jung» greift die französische Regisseurin Carine Tardieu ein Thema auf, das in unserer Gesellschaft immer noch tabu ist: Ein Mann, der eine viel ältere Frau liebt. Shauna ist 71 und Pierre 45. Mit Fanny Ardant («Die schönste Zeit unseres Lebens») und Melvil Poupaud («Gelobt sei Gott») als Hauptcharaktere hat die 50-jährige Regisseurin auf ein hervorragendes Duo gesetzt.
Beide setzen mit viel Zurückhaltung und Unsicherheit das Begehren und die Gefühle füreinander um. Mit der Filmfigur von Shauna setzt Ardant hier die Rolle als tabulose Rentnerin («Die schönen Tage») aus dem Jahr 2013 fort. Darin spielt sie eine alternde Zahnärztin, die sich in einen wesentlich jüngeren Mann verliebt.
Regisseurin adaptiert Drehbuch
Tardieu adaptiert das Drehbuch der 2015 verstorbenen isländisch-französischen Regisseurin Solveig Anspach mit großer Konsequenz. Pierre ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Er ist seit langem mit Georges befreundet, dem Sohn der 2006 an Krebs verstorbenen Freundin von Shauna.
Als dieser ihn bittet, ihn in Irland auf einen Abstecher in das Ferienhaus seiner Mutter zu begleiten, willigt Pierre ein. Bei ihrer Ankunft wird er zu seiner größten Überraschung von Shauna empfangen, die sich in all den Jahren um das Haus gekümmert hat.
Fanny Ardant als Shauna und Melvil Poupaud als Pierre in einer Szene des Films «Im Herzen Jung.»
Tardieu thematisiert Zeit und Liebe
Pierre sieht die pensionierte Architektin weder als ältere Person noch als Mutter oder gar Großmutter, sondern als eine Frau, für die er tiefe Gefühle und ein brennendes Verlangen hegt. Tardieu veranschaulicht äußert differenziert die Hindernisse, die einer solchen Beziehung innewohnen: das Unverständnis und die missbilligende Blicke der anderen, die schmerzhafte Realität des Alterns.
Die Regisseurin interessiert sich vor allem für den Gegensatz zwischen einer aufkeimenden Liebe und der Zeit, die unaufhaltsam vergeht. Sie filmt auf subtile Weise einen alternden Körper am Beginn einer neuen Idylle.