«It’s been seven hours and fifteen days/ since you took your love away…»: Schon die ersten Zeilen sind es, die einem im Gedächtnis bleiben. Sinéad O’Connor hat wohl eines der bekanntesten Liebeslieder der Musikgeschichte gesungen – der Song «Nothing Compares 2 U» machte sie 1990 weltweit bekannt. Nun ist die irische Sängerin im Alter von 56 Jahren gestorben, wie mehrere Medien unter Berufung auf ihre Familie berichteten.
«Mit großer Trauer geben wir den Tod unserer geliebten Sinéad bekannt», zitierten die Zeitung «Irish Times», der irische Rundfunksender RTÉ und die BBC am Mittwochabend aus einem Statement der Familie. Familie und Freunde baten demnach darum, in dieser schwierigen Zeit ihre Privatsphäre zu wahren.
In ihrem Musikvideo damals sah man sie mit rasiertem Kopf vor schwarzem Hintergrund – ein Markenzeichen, das sie zeitlebens beibehielt. In ihrer Stimme konnten Zorn liegen, Trauer, Verwundbarkeit. Die irische Sängerin feierte internationale Erfolge, war aber auch wegen skandalträchtiger Auftritte bekannt. So zerriss sie etwa 1992 vor laufender Kamera ein Bild von Papst Johannes Paul II. und prangerte Missbrauch in der katholischen Kirche an – im damals noch tief katholischen Irland war das ein handfester Skandal.
Schwere Vorwürfe gegen die Mutter
Geboren wurde sie am 8. Dezember 1966. Ihre Eltern trennten sich früh. Sie behauptete später, ihre Mutter habe sie misshandelt. Die irische Musikerin sprach in ihrem Leben öfter über psychische Probleme und drohte, sich vom Musikgeschäft zurückzuziehen. Zwischenzeitlich war sie mal verschwunden, dann wieder da.
An den großen Erfolg ihrer frühen Karriere konnte sie nie mehr anknüpfen. Im Jahr 2012 brach sie aus gesundheitlichen Gründen eine Tournee ab und begründete dies damit, dass sie manisch-depressiv sei und sich sehr unwohl fühle.
Zu ihrem Lied «Nothing Compares 2 U», das vom Musiker Prince (1958-2016) geschrieben wurde, dürften schon so manche Menschen geheult haben, wenn sie Liebeskummer hatten oder jemanden vermissten, der nicht mehr Teil ihres Lebens war. Auch heute kann man es in solchen Stunden noch gut anhören.
O’Connor hatte vier Kinder, eines davon verlor sie vor etwas mehr als einem Jahr – ihren damals 17 Jahre alten Sohn. Sie war mehrmals verheiratet. Auch spirituell war sie ausgesprochen experimentierfreudig. Vor einigen Jahren konvertierte sie zum Islam, zeigte sich mit Kopftuch. In den 90ern hatte sie sich von einer katholischen Splittergruppe angeblich zur Priesterin weihen lassen.
Passte für die Musikindustrie nicht ins Bild
Dass O’Connor oft gegen den Strom schwamm, wurde ihr nach Ansicht des englischen Sängers Morrissey von den Plattenlabels nicht verziehen. «Sie hatte eine stolze Verletzlichkeit…und es gibt einen bestimmten Hass in der Musikindustrie gegen Sänger, die nicht ins Bild passen», schrieb der frühere Sänger der Smiths in einem wütenden Text auf seiner Webseite, in dem er mit der Branche und den Medien abrechnete. Die Würdigungen als «ikonisch» und «Legende», die überall zu lesen seien, bezeichnete er als «idiotisch». Das Lob komme zu spät, so Morrissey, und er fügte hinzu: «Ihr hattet nicht den Mut, sie zu unterstützen, als sie noch lebte und nach euch gesucht hat.»
Wie britische Medien am Donnerstag unter Berufung auf die Polizei berichteten, wurde O’Connor tot in ihrer Wohnung in London gefunden. Noch vor zwei Wochen hatte sie ihren Fans von ihrer Rückkehr in die britische Hauptstadt nach langer Zeit berichtet und sogar ein neues Album und eine weltweite Tournee angekündigt.
Anerkennung für O’Connor kam aber auch aus der Politik. Irlands Präsident Michael D. Higgins erinnerte an ihre «außergewöhnlich schöne, einzigartige Stimme». Wer das Privileg gehabt habe, O’Connor zu kennen, könne nicht anders als davon gebannt zu sein, mit welcher tiefen und angstfreien Hingabe sie wichtige Themen in die Öffentlichkeit getragen habe, hieß es in einer Mitteilung.
Higgins würdigte sie als eine der talentiertesten Musikerpersönlichkeiten Irlands der vergangenen Jahrzehnte. «Möge ihr Geist den Frieden finden, den sie auf so viele verschiedene Arten gesucht hat.» Auch der irische Premierminister Leo Varadkar teilte bei Twitter einen Rückblick auf ihr Leben des Senders RTÉ: «Ihre Musik wurde überall auf der Welt geliebt und ihr Talent war unvergleichlich.»
Dass etwas unvergleichlich ist, darum ging es auch in O’Connors bekanntestem Lied. Darin singt sie davon, wie es sich anfühlt, wenn man jemanden vermisst, der einem sehr wichtig war. Im Musikvideo sah man eine Nahaufnahme ihres Gesichts. «I go out every night and sleep all day», heißt es im Text, «since you took your love away».