Josephine Baker trifft den Schauspieler und Regisseur Charlie Chaplin in Paris (1953). (Urheber/Quelle/Verbreiter: -/AP Photo/dpa)

1926 versetzt Josephine Baker erstmals auch die deutsche Hauptstadt in Ekstase: Bekleidet mit wenig mehr als ein paar Federn, lässt die 20 Jahre alte Amerikanerin im Nelson-Theater am Kurfürstendamm zu wilden Jazz-Rhythmen die Hüften kreisen. Alle Aufführungen sind ausverkauft. In ihren Memoiren wird sie später schreiben: «Berlin, das ist schon toll! Ein Triumphzug. Man trägt mich auf Händen. In keiner anderen Stadt habe ich so viele Liebesbriefe bekommen, so viele Blumen und Geschenke.»

Die Bundeskunsthalle in Bonn widmet der Tänzerin und Sängerin jetzt vom 18. Mai bis zum 24. September eine Ausstellung, Titel: «Josephine Baker: Freiheit – Gleichheit – Menschlichkeit». Gezeigt werden historische Fotos und Dokumente, künstlerische Positionen, autobiografische Schriften, Kleidung, Schallplatten, Zeitschriften und Filmausschnitte ihrer Revuen und Interviews.

Inspiration für die Kunstszene

Baker (1906-1975), brillant gemanagt und vermarktet von ihrem ersten Ehemann Pepito Abatino, war der erste weibliche Superstar mit afroamerikanischen Wurzeln, aber auch Widerstandskämpferin im Zweiten Weltkrieg und Protagonistin der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. «Es gibt nur eine Rasse, die menschliche Rasse», war die Überzeugung, für die sie ein Leben lang eintrat. Zu ihrer Wahlheimat wurde Frankreich – dorthin wollte sie, seit sie in jungen Jahren gehört hatte, dass Frauen dort sogar Flugzeuge fliegen dürften.

Die Ausstellung in Bonn dokumentiert unter anderem, welch enorme Inspiration Josephine Baker für die Kunstszene war. Zu sehen sind unter anderem eine Zeichnung des Architekten Le Corbusier, der ihr auf einer Schiffsreise nahe kam und sie schlafend porträtierte. Auch eine Skulptur des russischen Bildhauers Sébastien Tamari ist ausgestellt. Der österreichische Architekt Adolf Loos entwarf 1928 sogar ein Haus für Baker mit schwarz-weiß-gestreifter Marmorfassade – gebaut wurde es allerdings nie.

Das, was Josephine Baker so außerordentlich anziehend machte, vermittelt sich am stärksten über die Filmausschnitte, die in der Ausstellung gezeigt werden. Sie machen schlagartig klar, dass sie eine geradezu unglaublich bewegliche Tänzerin war, vor allem aber auch eine sprühende Persönlichkeit von ansteckender Fröhlichkeit – und eine begnadete Komikerin: In einer Filmsequenz von 1926 rollt sie unentwegt mit den Augen und verzieht das Gesicht zu den lustigsten Grimassen.

Das berühmte Bananenkostüm

1929 kehrte Baker noch einmal zurück nach Berlin und trat im Theater des Westens in einer neuen Version ihres berühmten Bananenkostüms auf. Da gab es allerdings schon nicht mehr nur Applaus, sondern auch Anfeindungen aus der rechten Ecke. Nazi-Blätter beschimpften sie als «Halbaffen», nach drei Wochen reiste sie überstürzt wieder ab.

Als General de Gaulle die Franzosen nach der Besetzung ihres Landes durch die Deutschen zum Widerstand aufrief, begann Baker – mittlerweile verheiratet mit dem jüdischen Industriellen Jean Lion – in unsichtbarer Tinte geschriebene Spionagegeheimnisse ins Ausland zu schmuggeln. In den nicht besetzten französischen Kolonien in Nordafrika trat sie als Truppenunterhalterin auf und bestand dabei auf der Aufhebung der Trennung in weißes und schwarzes Publikum. «Andernfalls wäre es nicht der Mühe wert, gegen Hitler zu kämpfen.»

Kämpferin gegen Rassismus

Nach dem Krieg setzte sie sich auch in den USA für die Gleichberechtigung der Schwarzen ein. Die Einladung Martin Luther Kings, 1963 beim «Walk on Washington» zu sprechen, betrachtete sie selbst als den Höhepunkt ihres Kampfes gegen Rassismus. Gemeinsam mit ihrem vierten Ehemann Jo Bouillon adoptierte sie zwölf Kinder aus unterschiedlichen Kulturen, um der Welt zu zeigen, dass ein friedliches Miteinander möglich ist. Viele andere Superstars von Nicole Kidman und Madonna über Angelina Jolie sind diesem Vorbild später gefolgt. Heute ist Baker auch eine Ikone der LGBT-Community. LGBT ist die englische Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell und Transgender.

Übrigens hat sie Deutschland nach dem Krieg nicht etwa gemieden: Schon ab den 1950er Jahren trat sie immer wieder dort auf, vorzugsweise im nun geteilten Berlin, sowohl im Westen wie im Osten. 1975 gelang ihr in Paris noch einmal ein großes Comeback: Mit 33 Nummern, die jeweils für eine ihrer Lebensstationen standen, feierte sie ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum. Nur wenige Tage nach der umjubelten Premiere erlag sie einem Schlaganfall. 2021 wurde sie als erste schwarze Frau in das Pariser Panthéon aufgenommen.

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