Juan Carlos an Bord des Segelschiffs «El Bribon» im Real Club Nautico de Sansenxo. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Raúl Terrel/EUROPA PRESS/dpa)

Vom Regattaboot aus signalisierte Altkönig Juan Carlos am Hafen von Sanxenxo im Nordwesten Spaniens mit erhobenem Daumen «Alles okay!» Doch Medien und andere Beobachter waren sich am Donnerstag einig: Der erste Heimatbesuch des umstrittenen Ex-Monarchen nach fast einem Jahr verläuft für den 85-Jährigen trist und ernüchternd.

Die Kritik-Kanonaden aus der linken Ecke hat er sicher erwartet. Dass aber jetzt auch konservative Medien den Besuch in ungewohnter Schärfe anprangern und einstige Fans ihm den Rücken kehren, das dürfte den Mann, der wegen vieler Affären seit über zweieinhalb Jahren in Abu Dhabi im Exil lebt, tief geschmerzt haben.

Spanische Medien sind sich einig wie selten

Die spanischen Medien sind sich selten so einig: Die Visite von Juan Carlos füge der um Imagepflege bemühten Monarchie von König Felipe VI. großen Schaden zu. «Der schlimmste Feind Felipes ist sein eigener Vater», schrieb etwa die Vizedirektorin der Zeitung «El Mundo», Leyre Iglesias. Sogar die erzkonservative Tageszeitung «La Razón», noch bis vor kurzem einer der eifrigsten Verteidiger des am Stock gehenden Bourbonen, sprach von einer «unpassenden Reise», die im «Superwahljahr» 2023 den linken Parteien, die immer lauter eine Abschaffung der Monarchie fordern, zugute kommen werde.

Eine, die sich wie nur wenige im Königspalast Palacio de la Zarzuela nordwestlich von Madrid auskennt, die Schriftstellerin und Journalistin Pilar Eyre, warnte im Interview des staatlichen TV-Senders RTVE vor den häufigeren Besuchen, die Bekannte des Altkönigs in Aussicht stellten: «Er wird damit die Monarchie vernichten.»

Dass sich die Zeiten schnell ändern, das dürfte Juan Carlos schon kurz nach seiner Landung am Mittwoch auf dem Flugplatz in Vigo festgestellt haben. Neben den zahlreich erschienen Journalisten wartete an der Ausfahrt ein einziger Fan auf ihn. «Unglaublich, dass ich der einzige bin, der ihn hier empfängt», wurde der 23-jährige Student in der Zeitung «El País» zitiert. Auch am Donnerstag winkten dem Wagen des Altkönigs in Sanxenxo nur wenige Menschen am Straßenrand zu. Noch beim ersten Heimatbesuch im vorigen Mai war Juan Carlos von vielen Anhängern bejubelt, bedrängt und um Selfies gebeten worden.

Der Altkönig spricht nicht

Inzwischen ist vieles anders. Der Altkönig, sonst volksnah wie kaum ein anderer Promi in Spanien, kurbelte diesmal vor Journalisten das Beifahrerfenster nicht herunter. Er gab bisher nicht einen einzigen öffentlichen Laut von sich. Das gilt auch für seinen Gastgeber und engen Freund, den Unternehmer Pedro Campos, der voriges Jahr noch als «Sprecher» fungiert hatte. Und ebenfalls anders als im vorigen Jahr ließen sich bisher weder Tochter Elena (59), die wohl größte Unterstützerin des Altkönigs in der Familie, noch der Bürgermeister von Sanxenxo an der Seite des illustren Besuchers blicken. Sein Sohn Felipe nahm derweil Hunderte Kilometer entfernt Termine wahr.

Das hat sicher auch damit zu tun, dass 2022 praktisch alles schief ging, was schief gehen konnte. Das Verhalten von Juan Carlos wurde als «unbescheiden» kritisiert. Auf die Frage von Journalisten, ob er den Bürgern des Landes etwas erklären wolle, antwortete er damals durchs offene Beifahrer-Fenster schroff: «Was soll ich erklären?» Er verärgerte damit nicht nur das Königshaus, sondern auch die linke Regierung, die wissen ließ, der Altkönig habe «die Chance verpasst», die Bürger um Verzeihung zu bitten. «El País» forderte nun erneut, Juan Carlos müsse sich bei den Bürgern endlich entschuldigen.

Fast 40 Jahre lang Staatsoberhaupt

Dabei hatte es für den Mann, der bis 2014 fast 40 Jahre lang spanisches Staatsoberhaupt war, kurzzeitig relativ gut ausgesehen. Im Frühjahr 2022 waren in Spanien alle Strafermittlungen wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten gegen ihn eingestellt worden. Man ging deshalb davon aus, dass Juan Carlos seine Heimat häufiger besuchen und irgendwann auch endgültig zurückkehren würde. Nun stehe der Opa von Kronprinzessin Leonor (17) vor einer neuen, vielleicht letzten «Feuerprobe», analysierte der staatliche TV-Sender RTVE.

Wenn er noch darauf setzt, in Zukunft ein gern gesehener Gast in seiner Heimat zu sein, darf sich Juan Carlos keinen Fauxpas mehr leisten. Denn anders als die ehemaligen Fans bleiben die Medien, die stundenlang live aus Sanxenxo berichten, ihm dicht auf den Fersen.

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