Das Cover des Albums «Renaissance» von Beyoncé. (Urheber/Quelle/Verbreiter: ‎Columbia International/Sony Music/dpa)

Im Alter von 40 Jahren ist Beyoncé der vielleicht größte Popstar der Welt. 28 Grammys, zwischenzeitlich bestbezahlte Musikerin der Welt, alle bisherigen Platten auf Platz eins der US-Charts – was kann da noch kommen?

Erstmal ein neues Album, das den Zeitgeist – wie so oft bei Beyoncé – sehr gut auf den Punkt bringt. «Renaissance» (VÖ 29. Juli) ist das siebte Studioalbum der US-amerikanischen Künstlerin, und es wird wohl sehr tanzbar.

Was im aktuellen Post-Lockdown-Sommer viele Menschen freuen dürfte. Das Bedürfnis jeder Musikliebhaberin und jedes Musikliebhabers, sich nach zweijährigen pandemiebedingten Entsagungen auf Konzerten zu verausgaben und zu tanzen, ist schließlich groß.

Daher ist Beyoncé nicht der einzige Popstar mit einem Post-Lockdown-Album, das sich stärker auf Tanzmusik fokussiert. Auch der kanadische Musiker Drake brachte etwa kürzlich ein solches heraus, und auch das aktuelle Album des britischen Megastars Harry Styles hat mehr Beats als jedes zuvor.

Zurück in die 90er

Vor der Veröffentlichung von «Renaissance» wurde die Single «Break My Soul» bekannt, die in der House-Musik der 90er Jahre verortet ist. Sie startet mit einem federnden Beat und einer eingängig monotonen Synthie-Melodie, die an den House-Klassiker «Show Me Love» von Robin S. aus den 90er Jahren erinnert. Während die so simpel wie eingängige Instrumentierung das ganze Lied über gleich bleibt, singt und rappt Beyoncé in allerlei Variationen darüber.

«Break My Soul», so beschrieb es ein Journalist im US-Magazin «The Atlantic», «beinhaltet ein Keyboard-Riff, das so klar und gebieterisch klingt, wie man sich vielleicht den Klingelton Gottes vorstellen würde.» Ein Song, zu dem einem also nichts anderes übrig bleibt als sich zu bewegen.

Der Text spielt auf die Pandemie und den Aufbruch aus einer lähmenden Starre an. Er beschreibt den Status einer «Welt im Kapuzenpullover», einer Welt voller Masken, in der wir vielleicht vergessen haben, wie man sich da draußen bewegt. Gut, dass Beyoncé da ist, um es uns zu zeigen. «Du wirst meine Seele nicht brechen», singt sie immer wieder, klingt dabei kämpferisch und euphorisch.

«Dieses Album zu schaffen, hat mir einen Ort zum Träumen gegeben, und eine Flucht während einer furchterregenden Zeit für unsere Welt», schrieb die Künstlerin auf Instagram. «Ich hoffe, es bringt euch ein bisschen zum Wackeln, ha!»

Erinnerung an das legendäre Studio 54

Wirft man einen Blick auf das Artwork des Covers, wird klar, dass sich wohl auch der Rest des Albums an Tanzmusik orientieren wird. Beyoncé sitzt auf einem transparent leuchtenden Pferd, trägt nur ein paar diamantbesetzte Gurte. Auch auf einem Cover der britischen Ausgabe der Zeitschrift «Vogue» anlässlich des neuen Albums thront sie auf einem Pferd, das wiederum auf einer Tanzfläche steht. Eine Hommage an Bianca Jaggers Auftritt 1977, als sie im berühmten Disco-Club Studio 54 auf ein weißes Pferd stieg.

Natürlich hat Beyoncé diesen Sound und Look nicht zufällig gewählt. Disco und House haben ihre Wurzeln in der Kultur schwarzer Künstlerinnen und Künstler, in Tanzclubs, die alleine dadurch politisiert waren, dass sie jenen Menschen einen Raum gaben, denen er oft verwehrt geblieben war. Seit einiger Zeit schon hat die Musikerin es sich zur Aufgabe gemacht, der Kultur und dem Vermächtnis schwarzer Menschen eine Bühne zu geben.

Bringt Beyoncé ein Album heraus, geht es dabei nie nur um die Musik. Sondern auch um die Message (Feminismus und Empowerment für schwarze Künstlerinnen und Künstler), die wahnsinnigen Bilder (die Königin des Pop, die fast nackt auf einem schimmernden Pferd thront) – und das Geld. Parallel zur Album-PR hat Adidas eine neue Kollektion von Beyoncés Kleidungsmarke Ivy Park angekündigt. Vermutlich kein Zufall.

Das alles funktioniert aber letztlich nur so gut, weil Beyoncé neben allem unternehmerischen Kalkül zum einen nicht nur mit einer phänomenal umfangreichen Stimme gesegnet ist, sondern auch mit einem talentierten Team aus Songwritern, die ihre Popmusik eingängig und modern klingen lassen.

Und weil die US-Amerikanerin eine begeisterte Live-Performerin ist, die Massen mobilisieren kann. Das zeigte etwa ihr Auftritt beim berühmten Coachella-Festival 2018 als erste schwarze Headlinerin. Dieser einzelne Auftritt hat wegen seiner maximalistischen Inszenierung nicht nur einen eigenen Wikipedia-Eintrag, sondern auch eine Netflix-Doku. Die Tournee zu «Renaissance» – sollte es denn eine geben – verspricht also spannend zu werden.

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