Julia Grosz (Franzsika Weisz) und Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) in einer Szene aus dem «Tatort: Schattenleben». (Urheber/Quelle/Verbreiter: O-Young Kwon/NDR/dpa)

Viele Gefühle, viele Gläser Milch und mehrere Brandanschläge: Der neue Hamburger «Tatort» mit dem Titel «Schattenleben» dreht sich in zwei Strängen um die linke Szene der Hansestadt.

Im Mittelpunkt des Sonntagskrimis im Ersten (12. Juni, 20.15 Uhr) steht diesmal Bundespolizistin Julia Grosz (Franziska Weisz). Ihr Partner Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) rückt in die zweite Reihe – um am Ende dennoch eine wichtige Rolle zu spielen.

Denn Grosz schleust sich auf eigene Faust undercover in die linke Flint-Szene ein. Flint steht für Frauen, die lesbisch, non-binär, intersexuell oder trans sind. Dort sucht sie ihre Freundin und Kollegin Ela. Die war zuvor selbst als verdeckte Ermittlerin in dieser Szene unterwegs. Weil sie sich aber auf einmal bedroht gefühlt und niemandem mehr vertraut hat, hat sie Kontakt zu ihrer einstigen Sommerliebe gesucht – Julia Grosz. Doch das Treffen mit der verängstigten Ela endete abrupt und seitdem ist sie verschwunden.

Der Krimi geht gegen Klischees an

In Elas Wohngemeinschaft trifft Grosz unter anderem auf Nana (Gina Haller), die Lebensgefährtin von Ela. Die wirkt nicht nur impulsiv, sondern auch aggressiv und schwer einzufangen. Und dann stellt sich auch noch heraus, dass Ela eigentlich mit einem Polizisten verheiratet ist. Wie militant ist die Szene, wer hat hier wen belogen und wer sind denn nun die Guten? Für die Bundespolizistin verschwimmen bei ihren Recherchen plötzlich die Grenzen.

Falke ermittelt zeitgleich zu einen Brandanschlag auf ein Polizistenhaus, bei dem eine Frau gestorben ist. Bei den Ermittlungen decken er und sein Kurzzeit-Partner Thomas Okonjo (Jonathan Kwesi Aikins) mehrere Fälle von vertuschter Polizeigewalt auf. Und das Team landet bei den Ermittlungen plötzlich auch beim Ehemann von Ela. Sind am Ende beide Fälle miteinander verbunden?

Der «Tatort»-Fall «Schattenleben» von Mia Spengler – ihr zweiter nach «Goldene Zeiten» mit dem Falke-Grosz-Duo – schafft es wunderbar, bis zum Schluss spannend zu sein. Dabei geht der Film so scharfzüngig wie schlau auch Klischees und Vorurteile an. Linke gegen Polizisten. Heteros gegen Lesben. Dunkelhäutige gegen Weiße. Vorurteile lauern überall und entkräften sich meist oft bei genauerem Hinsehen.

Starke weibliche Handschrift

Es wird auch die Polizei kritisiert, wenn beispielsweise Okonjo die Ermittlungen verdeckter Polizisten in der Szene als «Spielen mit den Gefühlen von Menschen» bezeichnet. Polizeigewalt gegen Linke und ins Leere laufende Anzeigen dagegen spielen eine Rolle. Auch die Gewalt der linken Szene selbst bekommt einen Platz.

Besonders an diesem «Tatort» nach einem Drehbuch von Lena Fakler ist auch, dass er eine starke weibliche Handschrift trägt. So wurde nicht nur auf eine diverse Besetzung geachtet, es sind auch rund 65 Prozent der wichtigsten Positionen des Teams von Frauen besetzt.

Grosz darf erstmals – nachdem vor einigen Folgen eine Schwärmerei für eine Kollegin zumindest angedeutet wurde – nun ihre homosexuellen Erfahrungen offen legen. «Du warst also die Hete, die Ela damals das Herz gebrochen hat», sagt Nana dazu und lässt damit wieder alle Wege für weitere Herzensentwicklungen der Bundespolizistin offen.

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