Sänger Elijah «Eli» Hewson (M) und seine Bandkollegen von Inhaler. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Lillie Eiger/Polydor/Universal Music/dpa)

Vier junge Musiker lernen sich im Kunstunterricht einer Dubliner Schule kennen, formen ein Rock-Quartett und ziehen mit einigen Singles im Gepäck aus, um die Welt zu erobern.

Was sich liest wie eine U2-Pressemitteilung aus den frühen 1980er Jahren, ist die Geschichte von Inhaler. Sänger Elijah «Eli» Hewson ist zwar der Sohn von U2-Frontmann Bono. Aber diese Tatsache ist für ihn und seine Bandkollegen weder Freifahrtschein noch Erfolgsgarantie.

Im Gegenteil: Gitarrist Josh Jenkins, Bassist Rob Keating, Schlagzeuger Ryan MacMahon und Hewson (alle erst 21 Jahre alt) arbeiten hart am eigenen Sound. Mit Erfolg – ihre Single «My Honest Face» ist mehr als 11 Millionen Mal auf Spotify abgespielt worden. Nun erscheint – mehr als ein Jahr später als geplant – das Album «It Won’t Always Be Like This».

Pandemie durchkreuzt alle Pläne

«Wir hatten eine andere Version der Platte fertig, als unsere Tournee wegen Covid-19 abrupt endete», sagt MacMahon. «Die Pandemie hat uns räumlich getrennt. Wir haben erst nur online gearbeitet, aber dann einen Haushalt gebildet, Monate zusammen im Studio verbracht.»

Gab es keine kreative Krise? Die Stimmung zu Beginn der Pandemie sei schon beängstigend und lähmend gewesen, erzählt Bono-Filius Hewson. «Aber dann hat unser Produzent etwas Großartiges gesagt: Um ausatmen zu können, muss man auch einatmen. Von diesem Moment an haben wir wie besessen Inspiration gesucht, in Filmen oder neuer Musik.»

Das wirkte. «Es ist unser erstes Album, aber auch ein bisschen unser zweites», sagt MacMahon. Bereits aufgenommene Stücke flogen von der Tracklist, fünf neue – stärkere, dichtere, erwachsenere – entstanden. Immer wieder geht es darin um die Pandemie und deren Auswirkungen auf die Musiker, ihre Freunde und Familien.

Hoffnung auf eine postpandemische Welt

Nach einem Debüt klingt das Album nicht. Aus dem Titelstück «It Won’t Always Be Like This» tönt direkt laute und tanzbare Hoffnung auf eine postpandemische Welt. Die Band versprüht wilde, glückliche Energie («My Honest Face», «Cheer Up Baby») und verbringt wunderbar reduziert und dennoch leidenschaftlich «A Night On The Floor».

Dann überraschen Inhaler mit einer mutigen Nummer, dem kurzen, sphärischen und psychedelischen «What A Strange Time To Be Alive», bevor sie mit «In My Sleep» das Album krachend und überhaupt nicht schläfrig beenden. Ohne opulente Gitarren und lange Soli spricht aus den Stücken: Das hier ist eine Band, eine Einheit – nicht nur ein Sänger und seine Musiker.

Vier junge Männer, eingesperrt auf engstem Raum und ohne Möglichkeit, andere Menschen zu treffen – vermutlich nicht immer eine einfache Situation. Die vier – auf der Couch in ihrem Proberaum aneinander gequetscht, um in den Zoom-Bildausschnitt zu passen – müssen lachen: «Klar, es kracht auch zwischen uns, wie in jeder gesunden Beziehung. Aber wir haben ein gemeinsames Ziel vor Augen.»

Von Arroganz, Allüren oder Größenwahn keine Spur – da sitzen höfliche, respektvolle und lustige junge Iren, die sich unbändig darauf freuen, endlich wieder live spielen zu können und ihr Album den Fans zu zeigen.

«Es gibt doch freie Parkbänke in London, oder?»

Dabei sind irische «Mamis» doch dafür berühmt, ihre Söhne extrem zu behüten. Auf Hewson und seine Freunde trifft das nicht zu. Seine prominenten Eltern halten nichts davon, ihn zu verwöhnen: «Als wir zu unserem ersten Gig nach London unterwegs waren, ist unser AirBnB ins Wasser gefallen, und wir wussten nicht wohin», berichtet er. «Wir haben mit unserem ganzen Kram in einem Restaurant gesessen, und ich habe meine Mutter angerufen, ob sie wüsste, wo wir schlafen können. Ihre Antwort: Es gibt doch freie Parkbänke in London, oder?»

Wenn es auch bei abenteuerlichen Pannen keine finanzielle Unterstützung gibt – musikalische Einflüsse ihrer Familien verleugnet keiner. MacMahons Eltern hören die Beatles, David Bowie und Thin Lizzy, Keatings auch Country-Musik, die von Jenkins stehen auf Hip-Hop, die Hewsons hatten die berühmtesten Musiker zuhause zu Gast und mögen Joy Division, Talking Heads oder Echo & The Bunnymen.

Mit ihrem Debütalbum zeigen Inhaler, dass sie kein U2-Ableger sind, auch wenn Hewsons Stimme stark an die des jungen Bono erinnert. Überhaupt gibt es einen wesentlichen Unterschied zu der Band des Vaters: Der Schlagzeuger von Inhaler ist eindeutig gesprächiger.

Zu klären wäre noch der Bandname. Die Lösung: Eli ist Asthmatiker. Seine Schwester witzelte darüber, dass er ein Spray – Englisch «inhaler» – benötigte, sie nannte ihn und seine Musikerfreunde «The Inhalers». Griffiger fanden die Jungs dann aber: Inhaler.

Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten, Von Mareike Graepel, dpa

Von