Gregg Donovan, bekannt als «Botschafter von Hollywood», vor dem Union Station Bahnhofsgebäude, einem Standort der Oscar Verleihung 2021 in Los Angeles. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Gregg Donovan/privat/dpa)

Der rote Teppich wäre jetzt schon auf dem Hollywood Boulevard ausgerollt. Wenige Tage vor der Oscar-Gala würden Dutzende Helfer die Tribünen für Hunderte Fans und Kamerateams aufbauen, der Eingang des Dolby-Theaters wäre mit dem über 12 Meter hohen Goldvorhang geschmückt.

Doch wegen der Corona-Pandemie ist bei den 93. Academy Awards nichts wie es früher war. Kein großer «Red Carpet»-Starrummel am Oscar-Sonntag, keine 3000 Gäste im pompösen Dolby-Ballsaal.

«Es ist alles so öde in diesem Jahr», sagt Gregg Donovan. «Völlig surreal», lamentiert der als «Botschafter von Hollywood» bekannte Kalifornier, der – vor Corona – mit rotem Frack und schwarzem Zylinder täglich durch das Viertel flanierte, für Fotos posierte und mit Touristen schäkerte. Es ist Oscar-Hochsaison, aber die Straßen sind ausgestorben. Kaum etwas deute auf das Großereignis hin, erzählt Donovan der Deutschen Presse-Agentur.

Umso spannender, was die Produzenten der Oscar-Gala um den Starregisseur Steven Soderbergh wohl hinter den Kulissen auf die Beine stellen. Der Oscar-Preisträger («Traffic») witzelte kürzlich, das sei so, als ob man ein Flugzeug in der Luft bauen würde. Trotz Corona-Beschränkungen haben die Show-Organisatoren hochfliegende Pläne. Soderbergh will den Zuschauern ein «Movie»-Erlebnis bieten, als ob sie einen Film schauen würden. Star-Präsentatoren, darunter Brad Pitt, Halle Berry und Harrison Ford, sollen sich selbst einbringen. Soderbergh prophezeit eine emotionale Show. «Es wird wunderbar intensiv sein», stellte er bei einer Pressekonferenz in Aussicht.

Trotz starker Impffortschritte in den USA gibt es viele Corona-Hürden. Oscar-Anwärter und prominente Helfer dürfen jeweils nur einen Gast mitbringen. Alle Anwesenden müssen Negativ-Tests vorweisen, Abstandsregeln befolgen und während Drehpausen Masken tragen. Beim Gala-Auftritt vor der Kamera dürfen sie den Mund-Nasen-Schutz aber ablegen.

Corona hin oder her: Glamour soll bei Hollywoods wichtigster Trophäenshow im Vordergrund stehen. Und vor allem sollen die Anwärter live und im eleganten Outfit dabei sein. Ja keine Zoom-Schalten aus dem Wohnzimmer, mit Kapuzenpulli oder Jogginghose. Es soll keine Sofa-Dankesreden geben, wie zuletzt bei den weitgehend virtuell gefeierten Golden Globes. Da hatte es sich etwa Jodie Foster mit Ehefrau Alexandra Hedison und Hund Ziggy zu Hause bequem gemacht, als ihr Name fiel und die Schauspielerin zur besten Nebendarstellerin gekürt wurde.

Den hohen Anspruch, trotz Corona schick und in echt zu feiern, wollen die Oscar-Macher nun mit mehreren Standorten erfüllen. In Los Angeles ist neben dem traditionellen Dolby Theatre das Bahnhofsgebäude Union Station die hippe Hauptbühne. Zudem sind mehrere internationale «Hubs» geplant, von denen Nominierte, die nicht nach Hollywood jetten können, per Satellit zugeschaltet werden. Als Londoner Bühne dient ein Premierenkino vom British Film Institut (BFI) am Themseufer, wie das Filmblatt «Variety» berichtete. In Paris greift die Academy demnach auf das Studio Canal Plus zurück.

Im Mittelpunkt – mit rund 170 Gästen – steht aber der historische Union Station-Bahnhof in Downtown Los Angeles. Das cremefarbene Gebäude von 1939, Baustil Mission Revival und Art Déco, war schon Drehort für über 200 Filme, darunter «Blade Runner», «The Dark Knight Rises» und «Catch Me If You Can». «Es fühlt sich wie ‚Old Hollywood‘ an», schwärmte die Oscar-Produzentin Stacey Sher über das Gebäude mit imposanten Hallen und Innenhöfen in einem Fernsehinterview. Die Academy hat mehrere Säle und Terrassen in Beschlag genommen, doch der Bahnhofsbetrieb soll während der Show weitergehen.

Die üblichen drei Stunden setzen die Veranstalter für die Show mit Preisen in 23 Kategorien an. «Ocean’s»-Regisseur Soderbergh und sein Team machen beim Endspurt mit cleveren Andeutungen auf die 93. Oscar-Gala neugierig. Schutzmasken würden eine «sehr wichtige Rolle in der Geschichte» spielen, erklärte der Filmemacher, ohne Details zu verraten. Er würde sich bewusst «kryptisch» ausdrücken.

Soderbergh erinnerte an seinen Auftritt auf der Oscar-Bühne, als er 2001 für «Traffic» den Regie-Oscar gewann. Er sei völlig überrascht und zudem betrunken gewesen, räumte er ein. Seine Dankesrede war gerade mal eine Minute lang. In diesem Jahr würden sie die Gewinner dazu anspornen, eine Geschichte und etwas über sich zu erzählen. Auf solche persönlichen Momente würden sie Wert legen, sagte Soderbergh.

Natürlich sind auch Show-Elemente geplant. Im Vorfeld wurden Auftritte von Sängerinnen wie Celeste, Laura Pausini und H.E.R. angekündigt. Die Star-Riege soll die für einen Oscar nominierten Songs präsentieren: Vier von der Terrasse des neuen Academy-Museums in Los Angeles, der fünfte Song «Husavik» aus der Komödie «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga» soll von Molly Sandén in Island gesungen werden. Die Songs werden vor Beginn der Preisverleihung in der 90-minütigen Sondersendung «Oscars: Into the Spotlight» ausgestrahlt.

Dafür fallen im Anschluss an die Pandemie-Gala die üblichen Feiern aus. Vor einem Jahr hatte der Star-Koch Wolfgang Puck zum 26. Mal nach der Preisgala die Stars beim Governors Ball verköstigt, jetzt bleibt die Küche kalt. Auch die legendäre «Vanity Fair»-Party ist abgesagt. Der britische Pop-Star Elton John hat seinen traditionellen Promi-Treff mit Stargast Dua Lipa ins Internet verlegt. Für rund 17 Euro, die Elton Johns Aids-Stiftung zufließen, kann sich jeder einklinken. So leicht kommt man gewöhnlich zu keiner Oscar-Party rein.

Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten, Von Barbara Munker, dpa

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