Seit Tagen schwebt der Vorwurf nun wie eine dunkle Wolke über dem Buckingham-Palast. Die Royals – ein versteifter, erzkonservativer Clan, der dunklere Hautfarben als nicht-akzeptable Bedrohung ansieht?
Meghan und Prinz Harry haben in ihrem weltweit beachteten Interview mit US-Moderatorin Oprah Winfrey von der anderen Seite des Atlantiks aus genau dieses Bild entstehen lassen. Nun meldet sich erstmals einer der Royals persönlich zu Wort.
«Wir sind keine rassistische Familie», sagte Harrys Bruder Prinz William am Donnerstag beim Besuch einer Schule in London. Es ist eine knappe Antwort auf Reporterfragen, dahingeworfen im Vorbeigehen, aber dennoch bestimmt und ohne Raum für Zweifel. Thronfolger Nummer Zwei schlägt damit deutlich klarere Töne an als die offizielle Linie des Königshauses.
Meghans und Harrys schwerster Vorwurf hat es in sich: Es sei im Königshaus vor der Geburt ihres Sohnes Archie Thema gewesen, wie dunkel dessen Hautfarbe sein würde, erzählten die beiden. Ein dunkelhäutiges Baby soll der Palast als mögliches Problem angesehen haben. Die 39-jährige Herzogin ist die Erste im Hause Windsor mit afroamerikanischen Wurzeln, ihre Mutter ist schwarz.
Ein hochrangiger Royal habe die Überlegung, wie die Hautfarbe nach außen wirken könne, gegenüber Harry geäußert, hieß es. Wer das war, will das Paar um keinen Preis verraten. Lediglich Ihre Majestät – Queen Elizabeth II. persönlich – und Prinz Philip nahm man nachträglich aus der Schusslinie.
Der Palast ließ sich Zeit für eine Reaktion, nachdem das am Sonntagabend zunächst im US-Fernsehen ausgestrahlte Interview Schockwellen über den Atlantik ausgelöst hatte. «Im Hintergrund sollen Insidern zufolge diverse Krisentreffen stattgefunden haben.»
Am Dienstagnachmittag dann schließlich die Antwort: Man nehme die Vorwürfe «sehr ernst», hieß es in einem schriftlichen Statement. Die angesprochenen Themen, besonders der Rassismus-Vorwurf, seien besorgniserregend. Obwohl die Erinnerung teilweise anders sei, würden die Vorwürfe von der Familie privat aufgearbeitet.
Eine unabhängige Aufklärung darüber, wie verwurzelt rassistische Denkweisen auch heute noch in der britischen Monarchie sind, ist das nicht. Wie die «privaten Aufarbeitung» aussehen soll oder was sie möglicherweise zutage befördert, dürfte die Öffentlichkeit wohl nie erfahren. Dennoch sind die sorgfältig gewählten Worte aus dem Palast kein klares Dementi. Sie sind vorsichtig, einfühlend, um Glättung der Wogen bemüht. Harry, Meghan und Archie blieben «geliebte Familienmitglieder», so der letzte Satz.
Umso bezeichnender, dass Prinz William gerade einmal zwei Tage später nachlegt und mit seiner Absage wohl auch die leiseste Hoffnung zerstört, der Palast könne sich intern ernsthaft mit unangenehmen Fragen zur eigenen Haltung beschäftigen. Er habe noch nicht mit seinem Bruder gesprochen, sagte William, dessen Beziehung zu Harry schon lange als angespannt gilt. «Aber ich werde das tun.»
Der engste royale Familienkreis befindet sich unter Generalverdacht. Ist Prinz Charles, der zeitweise Harrys Anrufe abgelehnt haben soll, der Beschuldigte? Oder William selbst? Vielleicht sogar Herzogin Kate?
Die Wetten der britischen Buchmacher laufen auf Hochtouren. Kommentatoren kritisieren, dass sich durch die diffusen Anschuldigungen kaum ein Royal entspannt zurücklehnen, aber erst recht nicht verteidigen kann. Und so rumort es weiter im Königshaus – ohne Aussicht auf eine baldige Glättung der Wogen.