Das Leitungs-Duo der Berlinale, Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek, und Carlo Chatrian, künstlerischer Direktor. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa)

Also, ein gutes Wort hat Carlo Chatrian schon gefunden. Fragt man ihn, wie er sich vor Beginn der Filmfestspiele in Berlin fühlt, fällt ihm ein Begriff ein. «Im Deutschen gibt es das Wort «komisch»», sagt der Italiener. «Für uns ist das gerade passend.»

Die Situation sei ungewöhnlich, aber nicht im unangenehmen Sinne. Die Berlinale muss wegen der Pandemie diesmal online stattfinden – zumindest vorerst.

Am Montag (1. März) beginnt ein digitaler Branchentreff. Fachleute und Journalisten werden daheim vor ihren Computern sitzen. Sie werden vielleicht nebenher Kaffee kochen, auf jeden Fall aber viele Filme schauen. Man wird darüber lesen können, auch wenn es noch dauert, bis die Filme im Kino laufen. Denn noch sind die Filmtheater und viele andere Einrichtungen in Deutschland geschlossen.

Normalerweise wären jetzt Autogrammjäger am roten Teppich unterwegs. Schauspieler würden in Limousinen vorfahren. Und vor den Kinosälen gäbe es Warteschlangen. Das fällt aus. Erst im Sommer soll es ein Festival fürs Publikum geben. Was also bleibt nun überhaupt vom Festivalgefühl? Und kann das funktionieren?

Das Programm jedenfalls liest sich spannend. Insgesamt 15 Filme gehören zum Wettbewerb, darunter das Regiedebüt von Schauspieler Daniel Brühl namens «Nebenan», die Literaturverfilmung «Fabian oder Der Gang vor die Hunde» von Dominik Graf oder der neue Film der Französin Céline Sciamma, die mit «Porträt einer jungen Frau in Flammen» zuletzt in Cannes erfolgreich war.

Welcher Film am Ende den Goldenen Bären gewinnt, soll ohne großes Tamtam verkündet werden. «Wir werden eine Pressemitteilung dazu verschicken. Und eine sehr schlichte Bekanntgabe machen», sagte Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek der Deutschen Presse-Agentur. Auch wenn die Jury ihre Entscheidung jetzt verkündet, sollen die Auszeichnungen erst im Sommer verliehen werden.

Die Pandemie hat der Filmbranche einen ziemlichen Einbruch beschert. Die Kinobesuchszahlen sind in Deutschland angesichts der Schließungen drastisch eingebrochen – und viele abgedrehte Filme liegen bereit. «Filmstau» nennen das manche in der Branche. Normalerweise wird die Berlinale gerne genutzt, um nochmal Werbung für einen Film zu machen – auch von US-Produzenten vor der Oscar-Verleihung.

Diesmal allerdings fehlen etwa US-amerikanische Filme im Wettbewerb. In den USA seien viele Kinos geschlossen und die Hollywoodstudios seien nicht bereit, derzeit Filme ins Kino zu bringen, sagte Rissenbeek kürzlich in einem Interview von rbb-Kultur. Auch der Berlinale seien keine Filme angeboten worden. Anders dagegen sei es bei europäischen Produzenten, die hätten großes Interesse.

Dass die Berlinale nicht zum Beispiel ganz auf den Sommer verschoben wurde, ist dem wichtigen wirtschaftlichen Aspekt des Festivals geschuldet. Seit Jahren gilt der Filmmarkt der Berlinale als einer der wichtigen Umschlagplätze der Ware Film. Beim European Film Market (EFM) treffen sich Produzenten, Filmverleiher, Filmschaffende. Und verhandeln zum Beispiel über Vertriebsrechte für verschiedene Länder.

Das also findet nun digital statt. In einem Internetportal stehen Hunderte Filme bereit. Aber wie guckt man daheim eigentlich am besten Filme? Hört man sich mal in seinem Bekanntenkreis um, dann fällt das manchen zu Hause auch wegen der Konzentration schwer. Das Handy liegt immer in der Nähe, der Kühlschrank ist nicht weit.

«Mein Tipp: Die Filme nicht auf dem Sofa gucken, sondern dabei vor einem guten Fernsehsystem in einem richtigen Stuhl sitzen. Wie im Kino», sagte Chatrian vorab. «Wenn man auf dem Sofa liegt, ist die Stimmung eine andere. Und dann kann es passieren, dass man einschläft.» Nach einem Jahr seien jetzt aber viele daran gewöhnt, vor allem Fachleute, die bräuchten keine Empfehlungen.

«Die Filmindustrie ist seit März online. Und Filme, die normalerweise bei Festivals im Kino laufen würden, wurden online gezeigt. Toronto, Sundance, Rotterdam – das ist nicht mehr so ungewöhnlich», sagte Chatrian. Er freut sich jetzt nach eigenen Angaben auf die nächsten Schritte – und darauf, wie die Filme ankommen, die er ausgesucht hat. Für manche sind dann Kinostarts im Sommer geplant.

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