Der Countdown für die Golden Globes läuft. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Chris Pizzello/Invision/AP/dpa)

In einem «normalen» Jahr würde Hollywood jetzt den Oscars entgegenfiebern, die Golden Globes wären bereits Schnee von gestern. Doch wegen Corona ist in dieser Trophäensaison alles anders.

Die 93. Academy Awards gehen nicht wie sonst Ende Februar, sondern erst Ende April über die virtuelle Bühne. Stattdessen händigt der Verband der Auslandspresse die Golden Globes nun am 28. Februar zum 78. Mal aus. Das deutlich später als in den Vorjahren: Gewöhnlich eröffnete die lockere Globe-Gala Anfang Januar den Preis-Reigen.

Trotz Termingerangel und Aufschüben hat die Pandemie Hollywoods Preissaison weiter fest im Griff. Wird der rote Teppich ausgerollt? Stehen Stars als Preisverleiher auf der Globe-Bühne? Sind Promis im Ballsaal des Beverly Hilton Hotels dabei?

Vieles ist noch immer unklar. Nur das ist vorab bekannt: Zum vierten Mal moderieren die Komikerinnen Tina Fey und Amy Poehler die Show – erstmals aber auf getrennten Bühnen. Poehler hält in Hollywood die Stellung, Fey schaltet sich gut 4000 Kilometer entfernt live aus dem New Yorker Rainbow Room dazu.

Auch die Namen einigen Presenter sind bereits bekannt: Joaquin Phoenix, Renée Zellweger, Cynthia Erivo und Awkwafina sollen beim Austeilen der Golden-Globe-Trophäen helfen.

Und wo ist Helena Zengel? So viel ist sicher: Als Globe-Nominierte ist die zwölfjährige Berlinerin wie alle anderen Anwärterinnen und Anwärter Teil der Show. Vermutlich wird die Jungschauspielerin aus ihrer Heimatstadt dazugeschaltet. Die Nominierten sollen weltweit aus der Ferne mitmachen, hieß es vorab in Branchenkreisen.

Zengel findet es «doof», dass ihr erster Hollywood-Film «Neues aus der Welt» wegen der anhaltenden Corona-Krise nicht im Kino zu sehen ist, sagte sie kürzlich im dpa-Interview. Und nun vereitelt die Pandemie auch die traditionelle Globe-Party. Doch im Rampenlicht steht das Nachwuchstalent allemal.

Preis-Chancen hat Zengel für ihre Nebenrolle als ein verwaistes Mädchen, das von einem indigenen Volk großgezogen wurde. Der zweifache Oscar-Preisträger Tom Hanks spielt in dem US-Western einen Nachrichtenboten im Jahr 1870, der Johanna in seine Obhut nimmt. Bei der Globe-Verleihung nimmt es Zengel mit den erfahrenen Kolleginnen Amanda Seyfried, Olivia Colman, Glenn Close und Jodie Foster auf.

Das ist aber noch nicht alles: Die Schülerin ist auch für den renommierten Screen Actors Guild Award von Hollywoods Schauspielerverband (SAG) im Rennen – und die Branche räumt ihr sogar gute Chancen für eine Oscar-Nominierung ein.

Mit sechs Nominierungen zählt die Filmbiografie «Mank» über den Autor Herman J. Mankiewicz, der mit Orson Welles den Klassiker «Citizen Kane» schrieb, zu den Globe-Favoriten. Auch der Gerichtsthriller «The Trial of the Chicago 7», das Familiendrama «The Father» und das Road-Movie «Nomadland» haben mehrere Gewinnchancen.

Viola Davis («Ma Rainey’s Black Bottom»), «Frances McDormand («Nomadland») und Carey Mulligan («Promising Young Woman») gelten als Top-Kandidatinnen für die Trophäe als beste Drama-Darstellerin. Der 83-jährige Anthony Hopkins («The Father») könnte mit der achten Globe-Nominierung seiner Karriere endlich eine Trophäe gewinnen.

Der britische Komiker Sacha Baron Cohen hingegen hat gleich drei Gewinnchancen, als Produzent und Hauptdarsteller in der Satire «Borat Subsequent Moviefilm» und für seine Nebenrolle in dem Drama «The Trial of the Chicago 7». Der im vorigen August an Krebs gestorbene «Black Panther»-Star Chadwick Boseman wiederum ist posthum für seine letzte Rolle als Jazz-Trompeter in dem Musikfilm «Ma Rainey’s Black Bottom» nominiert.

In der Regie-Sparte schreiben die Globes jetzt schon Geschichte. Meist werden Frauen dort völlig übergangen, nun sind – neben zwei Männern – auf einen Schlag drei Regisseurinnen nominiert: die in China geborene Chloe Zhao für «Nomadland», die Britin Emerald Fennell für «Promising Young Woman» und US-Schauspielerin Regina King für ihr Regiedebüt «One Night in Miami». Über sieben Jahrzehnte hinweg wurde nur fünf Frauen diese Ehre zuteil, zuletzt 2015 «Selma»-Regisseurin Ava DuVernay. Barbra Streisand war mit «Yentl» (1984) die einzige Gewinnerin.

Die Globes werden zum Auftakt der Trophäensaison gerne als Oscar-Barometer gesehen, doch die Prognose ist keine Garantie. Denn über die Globe-Gewinner entscheidet eine kleine Gruppe von weniger als 100 alteingesessenen Journalisten vom Verband der Auslandspresse. Der Oscar-Akademie gehören mehr als 9000 Mitglieder an.

Bei den Globes wird zudem traditionell nach Dramen und Komödien/Musicals unterschieden. So holten vor einem Jahr das Kriegsdrama «1917» und der Tarantino-Film «Once Upon a Time in Hollywood» die Top-Globes, während bei den Oscars dann die Gesellschaftssatire «Parasite» vier Trophäen abräumte. Der Oscar für den besten Film ging damit zum ersten Mal nach Südkorea und an eine nicht-englischsprachige Produktion.

Schon mit ihrer Nominierung hat es Helena Zengel in den Hollywood-Olymp geschafft. In der Globe-Geschichte hatten nur wenige Kinderstars Preischancen. 2020 war der damals zwölfjährige Roman Griffin Davis für «Jojo Rabbit» nominiert, 2015 Quvenzhané Wallis (mit zwölf Jahren) für «Annie». Auch Tatum O’Neal («Paper Moon»), Macaulay Culkin («Kevin – Allein zu Haus») und Anna Paquin («Das Piano») holten als Jungstars Nominierungen.

Den jüngsten Globe-Gewinner aller Zeiten könnte die Berliner Schülerin altersmäßig aber nicht unterbieten. Mit neun Jahren gewann 1980 der Amerikaner Ricky Schroder für das Sportdrama «The Champ» die Trophäe als männlicher «New Star» des Jahres. Diese Nachwuchs-Sparte wurde wenige Jahre später wieder abgeschafft.

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