Die Künstlerin Maria Eichhorn wird 2022 den Deutschen Pavillon auf der 59. Biennale in Venedig gestalten. Die 58-Jährige tritt damit in die Fußstapfen von Gerhard Richter (1972), Joseph Beuys (1976), Hans Haacke (1993), Rosemarie Trockel (1999), Isa Genzken (2007) und Christoph Schlingensief (2011).
«Maria Eichhorn ist genau die Künstlerin, die ich schon immer im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig sehen wollte», sagt Yilmaz Dziewior, Direktor des Kölner Museums Ludwig und Kurator des Pavillons. Die beiden kennen sich gut und arbeiten nun schon zum vierten Mal zusammen.
Maria Eichhorn sei überrascht gewesen, als er ihr das Angebot am Telefon übermittelt habe, erzählt Dziewior der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben dann sofort lange über die Geschichte des Deutschen Pavillons und über vorhergehende Positionen gesprochen. Die Beiträge waren ja immer sehr unterschiedlich, aber haben sich fast alle an dieser monumentalen Naziarchitektur abgearbeitet.»
Der Pavillon wurde 1938 von den Nazis nach ihren Vorstellungen umgestaltet. Den bombastischen Raum zu bespielen, ist wahrlich nicht einfach. Christoph Schlingensief baute eine «Kirche der Angst» in den Pavillon und bekam dafür 2011 posthum den Goldenen Löwen. 2017 gewann Anne Imhof den Preis: Sie setzte zwei Dobermänner in einen Zwinger, Darsteller bewegten sich wie Zombies zu dröhnenden Sounds durch den Raum.
Er sei ganz überrascht gewesen, als er gesehen habe, dass Maria Eichhorn noch nicht im Deutschen Pavillon ausgestellt habe, sagt Dziewior. «Ich finde, sie ist eine Künstlerin, die sich auf unterschiedlichste Weise mit der deutschen Geschichte auseinandergesetzt hat – auch damit, wie diese Geschichte nachwirkt. Ich bin aber auch ganz grundsätzlich ein Fan von ihr. Ihre Arbeiten bringen die Dinge auf den Punkt, und gleichzeitig sehen sie sehr gut aus. Sie sind in ihrer Klarheit oft von einer Härte und Einprägsamkeit, dass man denkt: Wow!»
Auf der Documenta 2017 erforschte die gebürtige Bambergerin, die heute in Berlin lebt, die Enteignung von jüdischem Besitz. Als Beispiel diente ihr ein raumhohes Regal mit unrechtmäßig erworbenen Büchern. 15 Jahre zuvor hatte sie für die Documenta eine Aktiengesellschaft gegründet, deren Kapital nicht mehr vermehrt werden durfte. «Wenn man die mal im Original gesehen hat, dann merkt man, dass diese schön säuberlich gebündelten 50 000 Euro ein richtiges Begehren wecken – und gleichzeitig muss man auch schmunzeln.» Der feinsinnige Humor sei ein weiteres Kennzeichen der Künstlerin.
2016 hat Maria Eichhorn schon einmal ein Werk in enger Zusammenarbeit mit Yilmaz Dziewior entworfen, damals für eine Ausstellung zum 40-jährigen Bestehen des Museums Ludwig. Eichhorn ließ sich vorübergehend in dem Kölner Museum anstellen und dokumentierte anschließend den Wust offizieller Papiere, der dafür nötig war. «Das war alles sehr kompliziert», erinnert sich Dziewior lachend.
Aufgrund der Corona-Pandemie musste auch die Biennale verschoben werden – jetzt soll die 59. Ausgabe Ende April nächsten Jahres stattfinden.