Auch wenn sein großer Auftritt beim Wiener Opernball dieses Mal wegen Corona ausfällt, ist Richard «Mörtel» Lugner nur bedingt traurig. «Ich erspare mir Geld und viel Aufregung, aber mir tut es auch leid», sagte der 88-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Wien.
Normalerweise glänzt der betagte Gesellschaftslöwe bei Österreichs Society-Event Nummer 1 gern an der Seite einer für viel Geld engagierten Schönen. Auf Kameras muss er aber nicht ganz verzichten. Am 11. Februar sendet der ORF einen Opernball-Themenabend, zu dem Lugner im Vorfeld als Studiogast geladen ist.
Während der ORF an die besonderen Momente des glanzvollen Events erinnert, ist der Schauplatz des Geschehens diesmal ganz seinem eigentlichen Auftrag gewidmet. Am 11. Februar seien Proben für kommende Aufführungen geplant, wie der Premiere der neuen «Carmen»-Produktion sowie für «La traviata», heißt es aus der Staatsoper. Für das Haus ist der Ausfall des Opernballs ein erheblicher finanzieller Verlust. Bisher spülte das Ereignis unterm Strich rund eine Million Euro in die Kasse. Diesmal wird der Staat laut Direktor Bogdan Roscic den Einnahmeverlust kompensieren.
Auf eine solch komplette Kompensation werden viele Dienstleister wie Friseure, die Event-Branche und die Gastronomie wohl vergeblich hoffen. In der äußerst vielfältigen Ballsaison tanzen normalerweise rund 500.000 Menschen mehr oder weniger gekonnt Wiener Walzer. Dabei geben sie laut Österreichs Wirtschaftskammer etwa 150 Millionen Euro für Ballbesuch, Kleidung und Friseur aus. Vorsichtige Rettungsversuche der nun wegen der Corona-Krise gänzlich ausgefallenen Ballsaison habe es zwar zunächst gegeben. «Aber die sind vom epidemiologischen Geschehen neutralisiert worden», sagt Norbert Kettner, Geschäftsführer von Wien Tourismus.
Unter anderem war kurz angedacht worden, im Rathaus einen kleinen Ballsaal einzurichten, in dem einige Tage lang jeweils eine begrenzte Anzahl an Menschen tanzen kann. Corona hat laut Kettner auch einen Trend unterbrochen. «In den letzten zehn Jahren hat eine Renaissance der Bälle stattgefunden». Das Publikum sei immer jünger geworden. «Die Jugend hat sich die Bälle unter den Nagel gerissen», so der Touristikchef.
Generell hat Wien unter den österreichischen Zielen seit Ausbruch der Pandemie mit einem Nächtigungsminus von 74 Prozent besonders gelitten. Die Hoffnung liegt auf einer raschen Erholung. «Ich glaube, dass Menschen feiern wollen, dass Menschen physischen Kontakt haben wollen», so Kettner.
Die Blicke sind nach vorn gerichtet. Am 15. Mai soll voraussichtlich der Vorverkauf für den Opernball 2022 beginnen. Und auch Lugner, der eine Krebserkrankung und diverse andere Leiden gut überstanden hat, schmiedet große Pläne. «Der Gast, der für dieses Jahr vorgesehen war, soll auch 2022 kommen», kündigt er an. Und verspricht: «Das ist einer der aufregendsten Gäste, die ich bisher hatte.» Seit 1992 lädt der Geschäftsmann, der nach einer Baufirma ein Einkaufszentrum mit rund 120 Geschäften («Lugner City») aufgebaut hat, Prominente in seine Loge. Zuletzt war es die italienische Schauspielerin Ornella Muti.
Sein Privatleben verläuft seit einiger Zeit viel ruhiger als sonst. «Ich bin solo», so der 88-Jährige. Zwar würden immer wieder Frauen anrufen. «Auch ganz junge Frauen sprechen mich an.» Aber er sei nun eher auf eine altersgemäße Partnerschaft aus. «Das Alter sollte schon mit einer 4 anfangen.» In der Corona-Zeit beherzige er besonders den Rat, ausgeglichen zu sein und dem Körper nicht mit mieser Stimmung zu schaden. «Ich bin ein Waage-Mensch und die lieben das Schöne – natürlich auch die Frauen».