Ausgerechnet die Dinosaurier trugen erheblich zur Erfolgsgeschichte bei – ein Thema, dem damals viele keine Chance einräumten.
Doch noch heute, viele Jahrzehnte später, ist der Band aus der Sachbuchreihe «Was ist Was» Jahr für Jahr der, der Kinder am meisten interessiert. Seit 60 Jahren gibt es die Reihe aus dem Nürnberger Tessloff Verlag – damals ein Novum: Denn bis dahin waren Sachbücher in Deutschland allein Erwachsenen vorbehalten.
Während einer Reise durch die USA entdeckte Verlagsgründer Ragnar Tessloff (1921-2009) die Kinder-Sachbuchreihe «How And Why» und brachte die Idee nach Deutschland. 1961 erschienen die ersten «Was ist Was»-Bände – zunächst als Monatshefte, zwei Jahre später dann als gebundene Ausgaben. Heute kennt die Bücher fast jedes Kind, wie eine repräsentative Befragung im Auftrag des Verlags ergeben hat. Viele Millionen Male haben sie sich bisher insgesamt verkauft.
Daran hat auch das Internet nichts geändert. «Kinder mögen Bücher deshalb nicht weniger», sagt Geschäftsführerin Katja Meinecke-Meurer. «Die sehen das gar nicht konkurrierend.» Das bestätigt auch die Expertin Simone C. Ehmig: «Sachbücher haben in keiner Weise an Bedeutung verloren», sagt die Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen. «Das Internet erlaubt den oft schnellen Zugriff zu Information, das Buch verschafft Grundlagen und Hintergrundinformation.»
Der Tessloff Verlag mag der erste gewesen sein, der Wissensbücher für junge Leserinnen und Leser in Deutschland herausbrachte, der einzige ist er längst nicht mehr. Sachbücher für Kinder ab 18 Monate bis 10 Jahre sind nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels für viele Verlage interessant. Die Nachfrage nach ihnen ist seit Jahren stabil: Fast 11 Prozent der verkauften Kinder- und Jugendbücher sind Sachbücher.
Allein der Tessloff Verlag verkauft eigenen Angaben nach jedes Jahr eine Million «Was ist Was»-Bände im deutschsprachigen Raum. Etwa 150 davon sind seit Beginn erschienen. Einige produziere der Verlag aber nicht mehr, da sich die Themen oder der Blick auf diese im Laufe der Zeit zu sehr verändert hätten, sagt Meinecke-Meurer. Ein Beispiel dafür sei die Atomenergie. Andere Themen seien dagegen bei den 8- bis 12-Jährigen noch genauso beliebt wie in den 1960er Jahren: unter anderem Erde, Weltall, Pferde, Hunde – und eben Dinosaurier.
Als Ragnar Tessloff in den 1960er Jahren ein Sachbuch über Dinosaurier plante, habe er Kopfschütteln geerntet, erzählt Meinecke-Meurer. Damals hätten die Buchhändler gesagt, die seien doch schon Millionen Jahre tot, wen könne das interessieren?. Tessloff sollte jedoch Recht behalten: Der Band ist bis heute der Bestseller der Reihe – und gleichzeitig der, der am meisten Arbeit macht.
Jedes Jahr überprüft der Verlag die «Was ist Was»-Bücher und bringt sie gegebenenfalls auf den aktuellen Stand der Forschung. «Der Dinosaurier-Band ist der, den wir am häufigsten überarbeiten, weil sich da so viel tut», erläutert Meinecke-Meurer.
Kindern auf Augenhöhe zu begegnen und ihre Fragen ernst zu nehmen – das sei der Anspruch von «Was ist Was», sagt sie. Im Internetzeitalter sei das eine besondere Herausforderung: «Die Kinder sind heute ganz anders informiert als früher.» Die Autorinnen und Autoren machten sich deshalb für jedes Buch auf die Suche nach Erkenntnissen, die nicht so geläufig seien. Besondere Rekorde, witzige Fakten und Angeberwissen sind inzwischen feste Rubriken in jedem Band.